Das Leben Der Anderen Quotes

We've searched our database for all the quotes and captions related to Das Leben Der Anderen. Here they are! All 89 of them:

“
Ich habe immer geglaubt, das Leben sei eine Einladung mit TischkĂ€rtchen. Als mĂŒsste man sich, schon aus GrĂŒnden der Höflichkeit, auf den Stuhl setzen, der einem zugewiesen wird, auch wenn es am anderen Ende des Tisches viel lebhafter zugeht. Ich möchte Ihnen sagen: Das ist ein Irrtum. Es ist eine Einladung mit freier Platzwahl.
”
”
Mariana Leky
“
Um Vampir zu sein, muss man sich fĂŒr das Leben entscheiden - fĂŒr das eigene Leben, nicht das eines anderen - und zwar Tag fĂŒr Tag. Du musst dein Leben ĂŒber den Schlaf, ĂŒber den Frieden, ĂŒber die Trauer und ĂŒber den Tod stellen. Letztendlich definiert uns unser unausgesetzter Wunsch nach Leben. Ohne ihn sind wir nichts als AlbtrĂ€ume, als Gespenster: Schatten der Menschen, die wir einst waren.
”
”
Deborah Harkness (Time's Convert (All Souls, #4))
“
Ein Versprechen ist die Entscheidung, einen anderen Menschen als Konstante in das eigene Leben aufzunehmen und nach gemeinsamen Wahrheiten zu suchen. Es ist die Entscheidung, die eigene Gegenwart und Zukunft mit der Gegenwart und Zukunft anderer Menschen zu verweben.
”
”
ƞeyda Kurt (Radikale ZĂ€rtlichkeit. Warum Liebe politisch ist)
“
Weißt Du, Folco, es gibt Dinge, Ereignisse, Worte, die dich streifen, ohne dir etwas zu sagen. SpĂ€ter aber, in einer anderen Situation, kann genau das gleiche Wort womĂ€glich dein ganzes Leben verĂ€ndern. Aber wie unsere geliebten Inder sagen: ist der SchĂŒler bereit, erscheint der Meister.
”
”
Tiziano Terzani (La fine Ăš il mio inizio)
“
Das echte Liebesleid nistet sich an der Basis unserer Existenz ein, erwischt uns unerbittlich an unserem schwĂ€chsten Punkt, greift von da auf alles andere ĂŒber und verteilt sich unaufhaltsam ĂŒber unseren ganzen Körper und unser ganzes Leben. Wenn wir unglĂŒcklich verliebt sind, dienen unsere sĂ€mtlichen Leiden und Sorgen, vom Tod des Vaters bis hin zum banalsten Missgeschick, wie zum Beispiel einem verlegten SchlĂŒssel, als neuerlicher Auslöser fĂŒr den Urschmerz, der stets bereit ist, wieder anzuschwellen. Wessen Leben durch die Liebe auf den Kopf gestellt wird, so wie meines, der meint immer, zusammen mit dem Liebesleid wĂŒrden auch alle anderen Sorgen ein Ende finden, und so rĂŒhrt er unwillkĂŒrlich immer wieder an der Wunde in sich drinnen.
”
”
Orhan Pamuk (Masumiyet MĂŒzesi)
“
NatĂŒrlich gibt es sehr viele Menschen, denen das Leben leichter fĂ€llt und die scheinbar oder wirklich “glĂŒcklicher” sind; es sind die nicht stark Individualisierten, die keine Probleme kennen. Sich mit ihnen zu vergleichen hat fĂŒr uns andere keinen Sinn; wir mĂŒssen unser eigenes Leben leben, und das bedeutet etwas Neues und Eigenes, immer Schwieriges und auch immer Schönes fĂŒr jeden Einzelnen. Es gibt keine Norm fĂŒr das Leben, es stellt jedem eine andere, einmalige Aufgabe, und so gibt es auch nicht eine angeborene und vorbestimmte Untauglichkeit zum Leben, sondern es kann der SchwĂ€chste und Ärmste an seiner Stelle ein wĂŒrdiges und echtes Leben fĂŒhren, und anderen etwas sein, einfach dadurch dass er seinen nicht selbstgewĂ€hlten Platz im Leben und seine besondere Aufgabe annimmt und zu verwirklichen sucht.
”
”
Hermann Hesse
“
Der Bus fĂ€hrt los, und Roy weiß, dass das Leben inmitten dieser anderen lauten Leben wie eine TĂ€towierung ist, von der man weiß, dass es weh tut, sie zu bekommen, aber auch, dass es unmöglich ist, sie schmerzfrei wieder loszuwerden.
”
”
Dirk Bernemann (Trisomie so ich dir)
“
Es ist dieses Bild, mit dem ich lebe, sagte Dahlem, dieser vor den Flammen in den Tod springende Mann. Das Etui erinnert mich nicht nur an mein gerettetes Leben, sondern auch an den Tod des anderen. Der Splitter ist der blinde, sinnlose Zufall Leben.
”
”
Uwe Timm (Halbschatten)
“
Es gibt Stunden, in denen ich mich freue auf eine Zeit, in der es nichts mehr geben wird, woran ich mein Herz hĂ€ngen könnte. Ich bin mĂŒde davon, daß mir doch alles wieder genommen wird. Es gibt keinen Ausweg, denn solange es im Wald ein Geschöpf gibt, das ich lieben könnte, werde ich es tun; und wenn es einmal wirklich nichts mehr gibt, werde ich aufhören zu leben. WĂ€ren alle Menschen von meiner Art gewesen, hĂ€tte es nie eine Wand gegeben, und der alte Mann mĂŒĂŸte nicht versteinert vor seinem Brunnen liegen. Aber ich verstehe, warum die anderen immer in der Übermacht waren. Lieben und fĂŒr ein anderes Wesen sorgen ist ein sehr mĂŒhsames GeschĂ€ft und viel schwerer, als zu töten und zu zerstören. Ein Kind aufzuziehen dauert zwanzig Jahre, es zu töten zehn Sekunden.
”
”
Marlen Haushofer (The Wall)
“
Ich liebe das Leben", gestand der Alte und wurde fast verlegen. "Ich liebe das Leben erst recht, seit ich arm bin. Manchmal könnte ich vor Freude in den Sonnenschein hineinbeißen oder in die Luft, die in den Parks weht. Wissen Sie, woran das liegt? Ich denke oft an den Tod, und wer tut das heute? Niemand denkt an den Tod. Jeder lĂ€sst sich von ihm ĂŒberraschen wie von einem Eisenbahnzusammenstoß oder einer anderen unvorhergesehenen Katastrophe. So dumm sind die Menschen geworden. Ich denke tĂ€glich an ihn, denn tĂ€glich kann er winken. Und weil ich an ihn denke, liebe ich das Leben.
”
”
Erich KĂ€stner (Fabian. Die Geschichte eines Moralisten)
“
Ich muss gestehen, die These, dass die Menschheit einem Denkfehler Gottes entsprungen ist, scheint mir plausibler als die Schöpfungsgeschichten aller anderen mir bekannten Religionen." - "Aufgrund der vielen Schwierigkeiten, die das Leben in dieser dummen Welt bereitet, sprechen wir nicht von der Schöpfung, sondern von der Erschöpfung.
”
”
Marc-Uwe Kling (QualityLand (QualityLand, #1))
“
Alles ist so vergeblich wie ein Herumstochern in Asche und so vage wie der Augenblick, bevor der Morgen graut. Und das Licht fĂ€llt so vollkommen und heiter auf die Dinge, vergoldet sie so prĂ€chtig mit traurig lĂ€chelnder Wirklichkeit! Das ganze Mysterium der Welt kommt herab zu mir, bis es vor meinen Augen BanalitĂ€t und Straße wird. Wie sich doch Alltag und Geheimnis berĂŒhren in unserer unmittelbaren NĂ€he! Hier, an der lichten OberflĂ€che dieses vielschichtigen menschlichen Lebens, lĂ€chelt die Zeit ungewiss auf den Lippen des Mysteriums! Wie modern dies alles klingt! Und im Grunde so alt, so geheimnisvoll, mit einem so anderen Sinn behaftet als dem, der in all dem leuchtet!
”
”
Fernando Pessoa
“
Da wir heute jedoch in einer zunehmend sĂ€kularisierten Gesellschaft leben und das virtuelle Universum sich immer weiter ausdehnt, haben wir es mit einer völlig anderen Spezies zu tun: mit Popstars und Schauspielern sowie Medien- und Videospielmonguln, die statt WĂŒrde auszustrahlen, diese nun auf dem Altar der kreativen Schizophrenie opfern.
”
”
Kevin Dutton (The Wisdom of Psychopaths: What Saints, Spies, and Serial Killers Can Teach Us About Success)
“
Wenn Sie in Ihrer Kindheit etwas tun wollten, was Ihren Eltern oder Lehrern nicht gefiel, hat man Sie vielleicht gefragt: „Wenn alle anderen von der BrĂŒcke springen, wĂŒrdest du es deshalb doch auch nicht tun, oder?“ Damit ist gemeint, dass es keinen Sinn hat, eine Dummheit zu begehen, nur weil alle anderen es tun. Die Logik dahinter lautet: Denke lieber selbst, statt dich der grossen Masse der Menschen anzuschliessen. Das ist gar kein so schlechter Ratschlag, auch wenn er manchmal eher dazu missbraucht wird, Kontrolle auszuĂŒben, als Menschen zu selbststĂ€ndigem Denken anzuregen. Doch irgendwann sind Sie erwachsen, und dann sieht die Sache plötzlich ganz anders aus: Jetzt erwarten die Leute von Ihnen, dass Sie sich genauso verhalten wie sie. Und wenn Sie sich weigern, werden manche Ihrer Mitmenschen darauf ziemlich irritiert oder vielleicht sogar verĂ€rgert reagieren. Es sieht fast so aus, als wĂŒrden sie Sie jetzt fragen: „Schliesslich springen alle Leute von der BrĂŒcke. Warum tust du es dann nicht auch?“ Zum Teufel mit den Leuten, die von der BrĂŒcke springen. Treffen Sie Ihre eigenen Entscheidungen. Leben Sie Ihr eigenes Leben.
”
”
Chris Guillebeau (Die Kunst, anders zu leben: Erschaffe deine eigenen Regeln und fĂŒhre das Leben, das du dir wĂŒnschst)
“
Geben Sie jedes Mal sich und Ihrem GefĂŒhl recht, (...) sollten Sie doch unrecht haben, so wird das natĂŒrliche Wachstum Ihres inneren Lebens Sie langsam und mit der Zeit zu anderen Erkenntnissen fĂŒhren. Lassen Sie Ihren Urteilen die eigene stille, ungestörte Entwicklung, die, wie jeder Fortschritt, tief aus innen kommen muss und durch nichts gedrĂ€ngt oder beschleunigt werden kann.
”
”
Rainer Maria Rilke (Letters to a Young Poet)
“
Nach den Jahren hart am Tode war der Wein nicht nur Wein, das Silber nicht nur Silber, die Musik, die von irgendwoher in den Raum sickerte, nicht nur Musik, und Elisabeth nicht nur Elisabeth - sie alle waren Symbole jenes anderen Lebens, des Lebens ohne Töten und Zerstören, des Lebens um des Lebens willen, das schon fast zu einer Mythe und zu einem hoffnungslosen Traum geworden war.
”
”
Erich Maria Remarque (A Time to Love and a Time to Die)
“
Was das Leben sonst auch sein mag, auf der Ebene der Chemie ist es erstaunlich profan: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, ein wenig Calcium, ein Schuss Schwefel, eine kleine Prise von ein paar anderen ganz gewöhnlichen Elementen - nichts, was man nicht in jeder normalen Apotheke finden wĂŒrde -, das ist alles, was man braucht. Das einzig Besondere an den Atomen, die Sie bilden, besteht darin, dass sie Sie bilden. Und das ist natĂŒrlich das Wunder des Lebens.
”
”
Bill Bryson
“
Sind wir doch mal ehrlich: Phoenix hat mich in der hand. Er wird mich so lange benutzen, bis irgendein feindlicher Agent es schafft, mich zu erledigen. Ein Einsatz nach dem nĂ€chsten, eine Mission nach der anderen, kein Leben, kein Zuhause. Das war einige Jahre okay, ich wusste, wofĂŒr ich das mache. Aber jetzt gibt es etwas, fĂŒr dass ich nicht nur meinen hals riskieren wĂŒrde, sondern alles." Er sah mir in die Augen. "Und das sind wir. ich will dich nicht verlieren. Ich kann dich nicht verlieren.
”
”
Lena Kiefer (Der Himmel wird beben (Ophelia Scale, #2))
“
Wer sich in Berlin als Immobilienmakler zu erkennen gibt, sollte sich nicht ĂŒber die Frage wundern: "Und, kann man davon leben?" Denn es ist nicht so wie in anderen Metropolen, wo ein Mangel verwaltet wird und ein Immobilienmakler darum allein auf der Basis von Bedarf und Frechheit sein Dasein fristen kann. Irgendeine eigene GeschĂ€ftsidee muss man hier schon haben, denn eine ĂŒberteuerte, kleine Wohnung in schlechter Lage, wie sie sonst das HauptgeschĂ€ft dieser Branche ausmacht, findet in Berlin auch noch das blindeste Huhn.
”
”
Jakob Hein (Gebrauchsanweisung fĂŒr Berlin)
“
So furchtbar rĂ€cht sich die große Sekunde, sie, die selten in das Leben der Irdischen niedersteigt, an dem zu Unrecht Gerufenen, der sie nicht zu nĂŒtzen weiß. Alle bĂŒrgerlichen Tugenden, wohl wappnend gegen die AnsprĂŒche stillrollenden Tags, Vorsicht, Gehorsam, Eifer und BedĂ€chtigkeit, sie alle schmelzen ohnmĂ€chtig in der Glut des großen Schicksalsaugenblicks, der immer nur den Genius fordert und zum dauernden Bildnis formt. VerĂ€chtlich stĂ¶ĂŸt er den Zaghaften zurĂŒck; einzig den KĂŒhnen hebt er, ein anderen Gott der Erde, mit feurigen Armen in den Himmel der Helden empor.
”
”
Stefan Zweig (Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit)
“
So ist das Leben. Wie schwer und tödlich unser Verlust auch sein mag, wie wichtig auch immer das, dessen wir beraubt wurden: wir leben einfach weiter. Selbst wenn nur noch die Ă€ußerste Schicht unserer Haut die gleiche geblieben ist und wir zu völlig anderen Menschen geworden sind, strecken wir die HĂ€nde nach der uns zugemessenen Zeit aus, holen sie ein und bringen sie schließlich hinter uns. Sooft ich darĂŒber nachdenke, wie wir unermĂŒdlich und meist ohne besonderes Geschick unsere alltĂ€glichen Verrichtungen wiederholen, ĂŒberkommt mich das GefĂŒhl einer entsetzlichen Leere.
”
”
Haruki Murakami (Sputnik Sweetheart)
“
Und doch ist jeder Beruf auf seine Art notwendig und ehrenvoll. Aber nur diejenigen, die keinen Beruf auszuĂŒben brauchen, die sich ihr Geld nicht durch Arbeit verdienen mĂŒssen, sondern von ihrem Vermögen leben können, die auf dem Land ein geregeltes Leben fĂŒhren, sich ihre zeit nach ihrem Belieben einteilen und sich ihren persönlichen BeschĂ€ftigungen hingeben können, nur diejenigen, sage ich, haben das GlĂŒck, sich ihre Gesundheit und ihr gutes Aussehen auch noch dann erhalten zu können, wenn sie nicht mehr ganz jung sind. Alle anderen bĂŒĂŸen bald etwas von ihrer Schönheit ein.
”
”
Jane Austen (Die Liebe der Anne Elliot - Das Buch zu der Netflix Verfilmung "Überredung"! (German Edition))
“
Es waren ausschließlich MĂ€nner, diese zwanghaften BuchkĂ€ufer und Sammler, die erfĂŒllt waren von der neurotischen Überzeugung, wenn sie es nur einen Tag versĂ€umten, hierherzukommen, könne damit auch ein Buch verloren sein oder zumindest in den HĂ€nden eines anderen KĂ€ufers landen. Was fĂŒr ein Leben fĂŒhrten sie? Das Arcade war fĂŒr sie das erste Ziel des Tages , wo sie rasch vorbeischauten, um einen Blick auf die NeuzugĂ€nge zu werfen, die am Fuße von Pikes Plattform aufgestapelt lagen; eine obligatorische, tĂ€gliche Suche nach verborgenen SchĂ€tzen. Raffgier trieb sie an und Missgunst - die beiden Ingredenzien einer jeden Passion, wie ich vermutete.
”
”
Sheridan Hay (The Secret of Lost Things)
“
Wenn wir sehen, wie die Menschen altern und nach gewisser Zeit einer nach dem anderen sterben, Jahrhundert fĂŒr Jahrhundert, dann können wir nur lachen ĂŒber das Elixier, das die VerlĂ€ngerung des Lebens auf ĂŒber tausend Jahre verspricht; mit gleichem Recht ist der Lexikograph zu verspotten, der ohne das Beispiel einer Nation anfĂŒhren zu können, die ihre Wörter und AusdrĂŒcke vor VerĂ€nderlichkeit bewahrte, sich einbildet, sein Wörterbuch könne seine Sprache einbalsamieren, vor VerfĂ€lschung schĂŒtzen und Verfall, und der meint, es stehe in seiner Macht, irdische Natur zu Ă€ndern oder die Welt mit einem Schlag von VerrĂŒcktheit, Eitelkeit und Affektiertheit zu befreien.
”
”
Samuel Johnson
“
Wer sagt das eigentlich, dass man ein Ziel haben muss, wo steht das geschrieben? Dieses stĂ€ndige Streben nach irgendeinem Ziel - das machen doch die anderen SĂ€ugetiere auch nicht. Das ist offensichtlich ein Effekt der Zivilisation. Was, wenn man uns alle an der Nase herumfĂŒhrt mit der permanenten Zielanlauferei? Was, wenn wir uns totarbeiten, abrackern, Ă€ngstigen, schinden und verbiegen fĂŒr irgendwelche Ziele, deren absolute Wichtigkeit wir niemals anzweifeln, bis sich schließlich herausstellt: Das ist alles nicht so bedeutsam, wie wir glaubten. Es gibt einfach nichts zu tun als zu leben, und am Ende bekommt man dafĂŒr nicht mehr als das Leben, welches man gelebt hat.
”
”
Cornelia Jönsson (Spieler unter sich)
“
NatĂŒrlich, unser Leben ist absurd, weil der Tod es beendet. Wir mĂŒssen scheitern, es geht nicht anders. Aber es gibt noch die andere Wahrheit, die Wahrheit der Frau auf dem Wagen: Jetzt, dieser Moment dieser Nachmittag, der nĂ€chste Morgen, der BlĂŒtenschimmer im FrĂŒhling, der Wind, der durch die Felder geht, die lautlose SchwĂŒle im Hochsommer und das nasse Laub auf den Straßen im Herbst - das alles bedeutet nichts ohne den anderen Menschen. Wir stehen nackt in dieser Welt, die Erde ist ein kaum sichtbarer blauer Punkt im All, die Natur ist kalt und feindlich. Aber wir sind Menschen, wir teilen diese Einsamkeit, sie ist es die uns verbindet. "Wir wissen voneinander", hat sie gesagt.
”
”
Ferdinand von Schirach (Nachmittage)
“
Der Tod ist eine sonderbare Angelegenheit. Die Menschen verbringen ihr ganzes Leben, als ob es ihn gar nicht gĂ€be, und doch ist er meistens einer der wichtigsten GrĂŒnde, um ĂŒberhaupt zu leben. Einigen von uns wird die Existenz des Todes schon frĂŒhzeitig bewusst, so dass sie intensiver, hartnĂ€ckiger oder verrĂŒckter leben. Einige brauchen seine stĂ€ndige Gegenwart, um ĂŒberhaupt zu verstehen, was das Gegenteil ist. Andere sind so sehr beschĂ€ftigt mit ihm, dass sie schon im Wartezimmer sitzen, lange bevor er seine Ankunft ĂŒberhaupt angekĂŒndigt hat. Wir fĂŒrchten den Tod, doch die eigentliche Angst vieler Menschen ist die, dass er jemand anderen trifft. Die grĂ¶ĂŸte Angst ist immer die, dass der Tod uns stehenlĂ€sst. Und wir einsam und allein zurĂŒckbleiben.
”
”
Fredrik Backman (A Man Called Ove)
“
Das Bild vom Wirtschaftsgeschehen als einem Wettlauf oder Wettkampf ist in seinen Details etwas verschwommen, doch es scheint, als hĂ€tte es als Wettlauf kein Ziel und deshalb kein natĂŒrliches Ende. Das einzige Ziel des WettlĂ€ufers ist es, die FĂŒhrung zu ĂŒbernehmen und zu behalten. Die Frage, warum das Leben wie ein Wettlauf sein muss oder warum die Volkswirtschaften einen Wettlauf gegeneinander veranstalten mĂŒssen, statt kameradschaftlich der Gesundheit zuliebe miteinander zu joggen, wird nicht gestellt. Ein Wettlauf, ein Wettkampf - so ist es eben. Wir gehören von Natur aus zu verschiedenen Nationen; von Natur aus stehen Nationen in Konkurrenz zu anderen Nationen. Wir sind, wie uns die Natur geschaffen hat. Die Welt ist ein Dschungel [...], und im Dschungel konkurrieren alle Arten mit allen anderen Arten um Raum und Nahrung.
”
”
J.M. Coetzee (Tagebuch eines schlimmen Jahres)
“
Eine zentrale ethische Idee ist die Forderung, möglichst viele unserer eigenen Thesen, Entscheidungen und Handlungen zu begrĂŒnden und auch von unseren Mitmenschen BegrĂŒndungen fĂŒr deren Thesen, Entscheidungen und Handlungen einzufordern. Wir sollen in das Spiel des Gebens und Forderns von GrĂŒnden eintreten. Beispielsweise sollen wir nicht einfach je nach unseren unmittelbaren PrĂ€ferenzen, Leidenschaften und WĂŒnschen durch unser Leben trudeln, sondern uns Konzepte eines fĂŒr uns guten Lebens machen, die wir vor uns selbst und vor anderen begrĂŒnden können. Wenn wir uns fragen, welche Art von Person wir sein und welche Art von Leben wir fĂŒhren wollen, dann muss die Antwort konsistent (= widerspruchsfrei) sein und argumentativ gut gestĂŒtzt werden; denn sie sollte einer grĂŒndlichen Kritik standhalten können. Das ist der sokratische Standpunkt.
”
”
Wolfgang Detel (Grundkurs Philosophie Band 1. Logik)
“
Jedes Volk, das sich an einer von der europĂ€ischen Naturwissenschaft festgesetzten Notenskala messen lĂ€sst, steht immer als Kulturverbund höherer Affen da. Das Notengeben ist sinnlos. Jeder Versuch, die Kulturen nebeneinander zu stellen, um zu bestimmen, welche davon am höchsten entwickelt ist, fĂŒhrt immer nur dazu, daß die westliche Kultur noch einen weiteren beschissenen Versuch unternimmt, den Haß auf ihren eigenen Schatten auf andere zu projizieren. Es gibt nur eine Art und Weise, eine andere Kultur zu verstehen. Sie zu _leben_. In sie einzuziehen, darum zu bitten, als Gast geduldet zu werden, die Sprache zu lernen. Irgendwann kommt dann vielleicht das VerstĂ€ndnis. Es wird dann immer wortlos sein. In dem Moment, in dem man das Fremde begreift, verliert man den Drang, es zu erklĂ€ren. Ein PhĂ€nomen erklĂ€ren heißt, sich davon zu entfernen. Wen ich anfange, mit mir selber oder anderen von Qaanaaq zu reden, habe ich fast wieder verloren, was nie richtig mein gewesen ist.
”
”
Peter HĂžeg (Smilla's Sense of Snow)
“
Das GlĂŒck der Freundschaft besteht gerade nicht in ihrem Ideal. Es stellt sich nicht ein, wenn lediglich die eigenen BedĂŒrfnisse nach der Aufmerksamkeit anderer Menschen erfĂŒllt werden, wenn wir sie als ProjektionsflĂ€che fĂŒr unsere GefĂŒhle und unbearbeiteten Konflikte benutzen oder schlicht glauben, dass wir unsere Freundinnen und Freunde kennen, weil sie uns so Ă€hnlich sind. Nachhaltiges freundschaftliches GlĂŒck ist ein Nebenprodukt des Gebens, des Aufmerksamkeit-Schenkens. Es ist eine Erfahrung der Entgrenzung und entsteht nur, wenn es uns gelingt, den eigenen Horizont zu erweitern und das GefĂ€ngnis unserer Probleme und Ängste, in dem wir hĂ€ufig leben, zu verlassen. Es stellt sich ein, wenn wir unser GegenĂŒber in seiner Andersartigkeit erkennen. Wenn wir uns seiner oder ihrer emotionalen RealitĂ€t öffnen, seinem oder ihrem anderen Blick auf die Welt. Es kommt auf, wenn wir jemand anderen glĂŒcklich machen. Erst die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Andersartigkeit sorgt dafĂŒr, dass Beziehungen wachsen, dass man selbst wĂ€chst und sich das Leben von den ZwĂ€ngen der eigenen, notwendigerweise begrenzten Fantasien befreit. Freundinnen und Freunde helfen uns dabei, die innere narzisstische Schallmauer zu durchbrechen und die ganze RealitĂ€t des Lebens anzunehmen. Ohne sie wĂ€re es unmöglich, sich weiterzuentwickeln, unmöglich, wirklich Mensch zu sein.
”
”
Daniel Schreiber (Allein)
“
[
] Ich möchte aber gern noch einmal auf meinen Ratschlag zurĂŒckkommen; ich finde nĂ€mlich, dass du dein Leben radikal Ă€ndern und ganz mutig Dinge in Angriff nehmen solltest, die dir frĂŒher nie in den Sinn gekommen wĂ€ren oder vor denen du im letzten Moment zurĂŒckgeschreckt bist. So viele Leute sind unglĂŒcklich mit ihrem Leben und schaffen es trotzdem nicht, etwas an ihrer Situation zu Ă€ndern, weil sie total fixiert sind auf ein angepasstes Leben in Sicherheit, in dem möglichst alles gleichbleibt – alles Dinge, die einem scheinbar inneren Frieden garantieren. In Wirklichkeit wird die Abenteuerlust im Menschen jedoch am meisten durch eine gesicherte Zukunft gebremst. Leidenschaftliche Abenteuerlust ist die Quelle, aus der der Mensch die Kraft schöpft, sich dem Leben zu stellen. Freude empfinden wir, wenn wir neue Erfahrungen machen, und von daher gibt es kein grĂ¶ĂŸeres GlĂŒck als in einem immer wieder wechselnden Horizont blicken zu dĂŒrfen, an dem jeder Tag mit einer neuen ganz anderen Sonne anbricht. Wenn du mehr aus deinem Leben machen willst, Ron, dann muss du deine Vorliebe fĂŒr monotone, gesicherte VerhĂ€ltnisse ablegen und das Chaos in dein Leben lassen, auch wenn es dir am Anfang verrĂŒckt erscheinen mag. Aber sobald du dich an ein solches Leben einmal gewöhnt hast, wirst du die volle Bedeutung erkennen, die darin verborgen liegt, und die schier unfassbare Schönheit. Um es auf den Punkt zu bringen, Ron: Geh fort raus Salton City und fang an zu reisen. [
] Sei nicht so trĂ€ge und bleib nicht einfach immer am selben Platz. Beweg dich, reise, werde ein Nomade, erschaffe dir jeden Tag einen neuen Horizont. Du wirst noch so lange leben, Ron, und es wĂ€re eine Schande, wenn du die Gelegenheit nicht nutzen wĂŒrdest, dein Leben von Grund auf zu Ă€ndern, um in ein vollkommen neues Reich der Erfahrungen einzutreten. Es stimmt nicht, wenn du glaubst, dass GlĂŒck einzig und allein zwischenmenschlichen Beziehungen entspringt. Gott hat es ĂŒberall um uns herum verteilt. Es steckt in jeder kleinen Erfahrung, die wir machen. Wir mĂŒssen einfach den Mut haben, uns von unserem gewohnten Lebensstil abzukehren und uns auf ein unkonventionelles Leben einzulassen. Vor allem möchte ich dir sagen, dass du weder mich noch sonstwen brauchst, um dieses neue, hoffnungsfroh schimmernde Licht in dein Leben zu bringen. Du musst nur zur TĂŒr hinausgehen und die Hand danach ausstrecken und schon ist es dein. Du selbst bist dein einziger Feind, du und deine Sturheit, mit der du dich weigerst, dich auf etwas Neues einzulassen. [
] Du wirst staunen, was es alles zu sehen gibt, und du wirst Leute kennenlernen, von denen man eine Menge lernen kann. Aber mach es ohne viel Geld, keine Motels, und dein Essen kochst du dir selbst. Je weniger du ausgibst, desto höher der Erlebniswert. [
]
”
”
Jon Krakauer (Into the Wild)
“
In der Folge entspinnt sich die merkwĂŒrdige Beziehung des Bibliomanen zu seinen Abertausenden von BĂŒchern. Dies ist dieselbe Beziehung, wie der GĂ€rtner sie zu einer wuchernden Kletterpflanze hat: Die Pflanze entwickelt sich von selbst, fĂŒr das bloße Auge zunĂ€chst unsichtbar, aber doch mit einer Energie, deren Ergebnis nach wenigen Wochen deutlich sichtbar ist; dem Menschen bleibt, so er sie nicht zurechtstutzen will, nur die Möglichkeit, sie in die eine oder andere Richtung zu lenken, in die sie seiner Ansicht nach wachsen sollte. Auf diese Weise vermehren sich auch krĂ€ftig treibende Bibliotheken, aus sich heraus, wie lebende Wesen. („Wer sich eine Bibliothek aufbaut, der baut sich ein ganzes Leben auf. Sie ist nĂ€mlich nie die Summe ihrer einzelnen Exemplare.“) Wir haben die Themen vorgegeben, die Leittriebe, entlang deren sie sich entwickeln, ansonsten aber bleiben wir Beobachter und sehen zu, wie sie zuerst alle WĂ€nde eines Zimmers ĂŒberzieht, bis zur Decke hinaufklettert, ein anderes Zimmer annektiert, dann ein weiteres und so fort, bis sie alles verdrĂ€ngt hat, was ihr im Wege war. Sie verscheucht alle Bilder, die etwa noch an den WĂ€nden hingen, jeden anderen Einrichtungsgegenstand, der ihrer Konsultation im Wege steht. Sie verschiebt ihr GefĂŒge mitsamt ihren unentbehrlichen, raumgreifenden Adjutanten wie Tritthockern oder Stehleitern. Sie zwingt uns zu stĂ€ndigem UmrĂ€umen, da ihre Entwicklung nie eindimensional verlĂ€uft und stets neue Unterabteilungen verlangt. Auf diese Weise wird sie gleichzeitig und unleugbar zur Widerspiegelung, zum DoppelgĂ€nger ihres Besitzers. FĂŒr den, der ihre subtilen BauplĂ€ne zu lesen versteht, entsteht aus den Regalen ein Charakterbild ihres Bibliothekars. Im Übrigen Ă€hnelt keine ernstzunehmende Bibliothek einer anderen, keine besitzt je dieselbe Persönlichkeit.
”
”
Jacques Bonnet
“
Siebenunddreißig Jahre habe ich daran gearbeitet, genau das zu vermeiden. Systematisch habe ich das einzige in dieser Welt geĂŒbt, das lernenswert ist. Verzichten. Ich habe aufgehört, auf irgend etwas zu hoffen. Wenn praktizierte Demut zur olympischen Disziplin erklĂ€rt wird, komme ich in die Nationalmannschaft. Ich habe nie Nachsicht mit dem Liebeskummer anderer Leute gehabt. Ich hasse ihre SchwĂ€che. Ich sehe, wie sie jemanden finden, am Ende des Regenbogens. Ich sehe, wie sie Kinder kriegen und einen Silver-Cross-Royal-Blue-Kinderwagen kaufen, in der FrĂŒhjahrssonne auf dem Stadtwall spazierengehen, mich herablassend anlachen und denken, arme Smilla, sie weiß nicht, was ihr entgeht, sie weiß nicht, wie das Leben fĂŒr uns ist, wie das ist, wenn man ein Baby und ein verbrieftes Recht aufeinander hat. Vier Monate spĂ€ter gemĂŒtliches Beisammensein in der alten Geburtsvorbereitungsgruppe. Ferdinand hat einen kleinen RĂŒckfall, legt auf einen Spiegel ein paar Bahnen aus, sie findet ihn draußen auf der Toilette, wo er mit einer der anderen frohen MĂŒtter rammelt, und in einer Nanosekunde ist sie von der großen, stolzen, souverĂ€nen, unverletzlichen Mama auf einen geistigen Gnom reduziert. Mit einer einzigen Bewegung fĂ€llt sie auf mein Niveau und darunter und wird zu einem Insekt, einem Regenwurm, einem Skolopender. Und dann werde ich hervorgeholt und abgestaubt, dann darf ich mir anhören, wie schwer es ist, nach der Scheidung alleinstehende Mutter zu sein, wie sie sich in die Haare geraten sind, als sie die Stereoanlage teilen wollten, wie ihre Jugend von dem Kind aufgesogen wird, das jetzt eine Maschine ist, die sie auffrißt und nicht wieder zurĂŒckgibt. Das habe ich mir nie anhören wollen. Was zum Teufel habt ihr euch eigentlich vorgestellt, habe ich gesagt. Glaubt ihr vielleicht, ich redigiere einen Kummerkasten fĂŒr Frauen? Glaubt ihr, ich bin ein Tagebuch? Die Telefonseelsorge? Eines ist auf Schlittenreisen streng verboten, und das ist Winseln. Jammern ist ein Virus, eine tödliche, infektiöse, epidemische Krankheit. Ich will das nicht hören. Ich will mich von diesen Orgien emotionaler Kleinlichkeit nicht belĂ€mmern lassen.
”
”
Peter HĂžeg (Smilla's Sense of Snow)
“
„»Und wie gefĂ€llt dir dein Leben ohne Sinn?« »Wie, ohne Sinn? Mein Leben hat sehr wohl einen Sinn, den gleichen wie fĂŒr alle anderen. Diese ganze Sinnsuche haben die meisten Leute doch mit der PubertĂ€t ĂŒberwunden. Bei dir scheint das offenbar etwas lĂ€nger zu dauern
”
”
Dmitry Glukhovsky (Metro 2033 (Metro, #1))
“
Vermutlich hĂ€ltst du das Leben deshalb fĂŒr so problematisch, weil du glaubst, daß die guten Menschen auf der einen Seite stehen und die schlechten auf der anderen«, sagte Lord Vetinari. »Solche Vorstellungen sind natĂŒrlich völlig verkehrt. Es gab und gibt immer nur die Bösen, aber einige von ihnen gehören zu unterschiedlichen Lagern.
”
”
Terry Pratchett (Guards! Guards! (Discworld, #8; City Watch, #1))
“
Was Familie angeht, geht es nicht vor allem darum, ob du blutsverwandt bist oder nicht, sondern was zĂ€hlt, ist, dass es in deinem Leben Menschen gibt, die dir das GefĂŒhl geben, dass du immer geliebt wirst, ganz egal, was auch passiert, die dir vergeben, wenn du es eigentlich nicht verdient hast, die fĂŒr dich da sind, wenn du jemanden brauchst. Es geht darum, Menschen mit Liebe und Respekt zu begegnen, dich um sie zu kĂŒmmern, als wĂ€ren sie dein eigen Fleisch und Blut. Und der Kreis dieser Menschen ist auch nicht auf eine bestimmte Anzahl beschrĂ€nkt, er kann so viele Menschen umfassen, wie du willst. [...] es ist nicht das Etikett, das eine Beziehung ausmacht, sondern die Art und Weise, wie du dem anderen Menschen begegnest.
”
”
Sarah Harvey (KĂŒssen verboten)
“
Das weder Seth noch Marvin ihm Glauben schenkten, damit konnte er leben. Doch der Gedanke, jemandem zu helfen, beschleunigte auf eine Weise seinen Herzschlag, die ihn sich lebendig fĂŒhlen ließ. Es war im Grunde erbĂ€rmlich, dass er erst in der Not eines anderen die Chance erkannte und ergriff, fĂŒr sein Leben einen Sinn zu empfinden. Doch er begriff noch etwas: Marvins Wunsch nach dem Tod entsprach seinem eigenen und vielleicht war ein Leben möglich, weil sie es allein nicht zu leben vermochten, da sie allein zu schwach waren.
”
”
Alex R. Crane (escape ((non)consensual acts 3))
“
Wenn wir in Monaten denken, sollten wir unser Augenmerk vermutlich auf unmittelbare Probleme wie die Wirren im Nahen Osten, die FlĂŒchtlingskrise in Europa und die AbschwĂ€chung der chinesischen Wirtschaft richten. Wenn wir in Jahrzehnten denken, spielen der Klimawandel, die wachsende Ungleichheit und der Zusammenbruch des Arbeitsmarkts eine zentrale Rolle. Wenn wir aber das Leben im Großen und Ganzen in den Blick nehmen, werden alle anderen Probleme und Entwicklungen von drei miteinander verknĂŒpften Prozessen ĂŒberschattet: 1.Die Wissenschaft konvertiert zu einem allumfassenden Dogma, das behauptet, Organismen seien Algorithmen und Leben sei Datenverarbeitung. 2.Intelligenz koppelt sich vom Bewusstsein ab. 3.Nicht-bewusste, aber hochintelligente Algorithmen könnten uns schon bald besser kennen als wir uns selbst. Diese drei Prozesse werfen drei SchlĂŒsselfragen auf, die Sie, so hoffe ich, noch lange nach der LektĂŒre dieses Buches beschĂ€ftigen werden: 1.Sind Organismen wirklich nur Algorithmen, und ist Leben wirklich nur Datenverarbeitung? 2.Was ist wertvoller – Intelligenz oder Bewusstsein? 3.Was wird aus unserer Gesellschaft, unserer Politik und unserem Alltagsleben, wenn nichtbewusste, aber hochintelligente Algorithmen uns besser kennen als wir uns selbst?
”
”
Yuval Noah Harari
“
Ja, er ist ein guter Mensch, auch wenn er diese Seite vor anderen versteckt. FĂŒr mich ist er aber noch viel mehr als das. Er ist derjenige, der mich fand, kurz bevor ich aufgeben wollte. Derjenige, der mir dabei hilft, irgendwann ein entspannteres Leben zu fĂŒhren, weit weg von Ängsten, AlbtrĂ€umen und dem Glauben, nichts Ă€ndern zu können. Und dafĂŒr bin ich ihm unglaublich dankbar.
”
”
Sabrina Milazzo (Aus Asche und Nacht)
“
Mit den SchĂŒlern zusammen saßen dort regelmĂ€ĂŸig auch ihre Freunde aus der Kindheit, die gemeinsam mit ihnen die Grundschule besucht hatten und danach als Lehrlinge, Handlungsgehilfen, als kleine Gemeindeschreiber oder in irgendeinem Betrieb in der Stadt geblieben waren. Unter ihnen gab es zwei Arten. Die einen waren zufrieden mit ihrem Schicksal und dem Leben in der Stadt, in der sie zeit ihres Lebens bleiben wĂŒrden. Mit Neugierde und Sympathie schauten sie auf ihre gebildeten Freunde, bewunderten sie, ohne sich je mit ihnen zu vergleichen; ohne den geringsten Neid nahmen sie teil an ihrem Fortschritt und Aufstieg. Die anderen waren nicht mit dem Leben in der Stadt versöhnt, zu dem sie die VerhĂ€ltnisse verurteilt hatten, sondern sehnten sich nach etwas, das sie fĂŒr höher und besser hielten und das ihnen entgangen war und mit jedem Tag immer ferner rĂŒckte und unerreichbarer wurde. Obwohl auch sie weiterhin mit ihren studierten Kameraden zusammenkamen, gingen diese jungen Menschen zu ihren gebildeten Altersgenossen gewöhnlich durch grobe Ironie oder feindseliges Schweigen auf Distanz. Sie konnten nicht von Gleich zu Gleich an allen ihren GesprĂ€chen teilnehmen. GequĂ€lt durch ein stĂ€ndiges UnterlegenheitsgefĂŒhl, betonten sie daher im GesprĂ€ch bald ĂŒbertrieben und unaufrichtig ihre Einfachheit und Unbildung im Vergleich zu ihren glĂŒcklicheren Freunden, bald spotteten sie wiederum bissig ĂŒber alles aus der Höhe ihrer Unwissenheit. Im einen wie im anderen Fall strömte der Neid wie eine fast sichtbare und fĂŒhlbare Kraft aus ihnen.
”
”
Ivo Andrić (The Bridge on the Drina (Bosnian Trilogy, #1))
“
Mir selbst fremd und dieser Welt, ausgerĂŒstet mit keinem anderen Hilfsmittel als mit einem Denken, das sich selbst negiert, sobald es eine Behauptung aufstellt - was ist das fĂŒr eine Situation, in der ich nur Frieden finden kann durch die Ablehnung des Wissens und des Lebens, [...] Alles ist auf das Zustandekommen jenes vergifteten Friedens eingerichtet, den Sorglosigkeit, TrĂ€gheit des Herzens oder tödliche Entsagung schenken. Auch der Verstand sagt mir also auf seine Weise, dass diese Welt absurd ist.
”
”
Albert Camus (Der Mythos des Sisyphos (German Edition))
“
Übrig bleibt ein Schicksal, bei dem nur das Ende unausweichlich ist. Abgesehen von diesem einzigen VerhĂ€ngnis des Todes stellt alles andere, Freude oder GlĂŒck, Freiheit dar. Es bleibt eine Welt, deren einziger Herr der Mensch ist. Was ihn bannte, war die Illusion einer anderen Welt.
”
”
Albert Camus (Der Mythos des Sisyphos (German Edition))
“
Nun stĂŒrzte ich mich voller Eifer auf die sozialistische Literatur. [
] Ich las viel, ohne jede Ordnung und ohne System, die ‚WeltrĂ€tsel‘ von Haeckel, BĂŒcher von Forel, Darwin, die Reden von Ferdinand Lassalle, EngelsÂŽ ‚Lage der arbeitenden Klasse in England‘, Gedichte von Freiligrath, Herwegh und Heine. Weil die Abendstunden nicht ausreichten, um meinen Lesehunger zu befriedigen, meldete ich mich im Betrieb krank und begann mehrere Wochen ‚Weltgeschichte‘ zu studieren. [
] Das Leben hatte plötzlich einen anderen, neuen Inhalt bekommen. Der Lohn war nicht gestiegen, der Hunger nicht kleiner, trotzdem schien das Leben reicher und sonniger. Jedes neue Buch war ein Erlebnis, jedes neue Wissen erweckte ein bisher unbekanntes KraftgefĂŒhl, das Dasein war nicht mehr hoffnungslos, wir fĂŒhlten, daß es eine Erlösung aus dem tĂ€glichen Grau und Einerlei des trĂŒben Fabriklebens geben mußte.
”
”
Willi MĂŒnzenberg
“
Du sollst dir kein Bildnis machen. Es ist bemerkenswert, dass wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hĂ€lt, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fĂŒhlt, wie entfaltet, und dass auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das NĂ€chste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, dass wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertig werden: weil wir sie lieben; solang wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wĂ€ren sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche GerĂ€umigkeit, schrankenlos, alles Mögliche voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt - Nur die Liebe ertrĂ€gt ihn so. Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie und kennen ein fĂŒr allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei - es ist ohnehin schon wenig genug. Unsere Meinung, dass wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind - nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch, fertig fĂŒr uns. Er muss es sein. Wir können nicht mehr! Wir kĂŒnden ihm die Bereitschaft auf weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfassbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttĂ€uscht, dass unser VerhĂ€ltnis nicht mehr lebendig sei. „Du bist nicht“, sagt der EnttĂ€uschte oder die EnttĂ€uschte: „wofĂŒr ich dich gehalten haben.“ Und wofĂŒr hat man sich denn gehalten? FĂŒr ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes RĂ€tsel, das auszuhalten wir mĂŒde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat. (
) Man wird das Gegenteil, aber man wird es durch den anderen. (
) In gewissen Grad sind wir wirklich das Wesen, das die andern in uns hineinsehen, Freunde wie Feinde. Und umgekehrt! auch wir sind die Verfasser der anderen; (
) Wir halten uns fĂŒr den Spiegel und ahnen nur selten, wie sehr der andere seinerseits eben der Spiegel unseres erstarrten Menschenbildes ist, unser Erzeugnis, unser Opfer -.“ -TagebĂŒcher von 1946-1949
”
”
Max Frisch
“
Es gibt keinen Grund, traurig zu sein, und keinen Grund, glĂŒcklich zu sein. Die menschliche Existenz basiert auf der AbhĂ€ngigkeit zu den anderen. Das Dasein einzelner Menschen ist unwichtig. Die Gemeinschaft formt einen eigenen Organismus, und du bist kein Teil davon. Du bist anders genug, um nicht dazuzugehören und nicht anders genug, etwas daraus zu machen. Dein Leben wird von Einsamkeit durchzogen sein. Du wirst niemals wahre NĂ€he spĂŒren.
”
”
Noah Horlacher (Leonhard Mondsturm: Das Herz des Waldes (German Edition))
“
Je zittriger und erschöpfter Davis von seinen LiegestĂŒtzen wird, umso mehr vermischen sich die normalen Wörter, die wir alle jeden Tag benutzen, mit den Wörtern, die er zu einem frĂŒheren Zeitpunkt in seinem Leben benutzt haben muss [...] Und als mir Davis' alte Wörter erst einmal aufgefallen waren, fing ich an, sie ĂŒberall zu hören, denn dieser Ort hier ist ein WortgefĂ€ngnis - Wörter bleiben hier stecken, sind gefangen von dem Moment an, an dem in unserem alten Leben die Uhr stehengeblieben ist [...] und ich schnappe mir diese AusdrĂŒcke, ich fange sie in meinem Kopf und ich bewahre sie auf. Denn jedes davon hat die DNA eines ganzen Lebens in sich, eines Lebens, in das diese Worte gepasst und in dem sie einen Sinn ergeben haben, weil alle anderen sie ebenfalls benutzten. Ich sammle diese Wörter, und spĂ€ter, wenn ich das Notizbuch aufschlage, im dem ich dieses Tagebuch fĂŒhre, [...] trage ich eins nach dem anderen ein. Und aus irgendeinem Grund versetzt mich das in gute Laune, wie Geld auf der Bank.
”
”
Jennifer Egan (The Keep)
“
Du hast offenbar die Gewohnheit, mehrere BĂŒcher gleichzeitig zu lesen, dir fĂŒr die verschiedenen Stunden des Tages verschiedene LektĂŒren zu wĂ€hlen. Auch fĂŒr die verschiedenen Ecken deiner immerhin doch recht kleinen Wohnung: Es gibt BĂŒcher fĂŒr deinen Nachtisch, andere finden ihren Platz neben dem Sessel, in der KĂŒche oder im Bad. Dies könnte ein wichtiger Zug sein zur ErgĂ€nzung deines PortrĂ€ts: Dein Geist hat innere WĂ€nde, mit denen du verschiedene Zeiten voneinander abtrennen kannst, um darin je nachdem innezuhalten oder vorwĂ€rtszustĂŒrmen und dich abwechselnd auf verschiedene KanĂ€le zu konzentrieren. GenĂŒgt das bereits, um sagen zu können, daß du gern mehrere Leben gleichzeitig leben wĂŒrdest? Oder sie gar schon lebst? Daß du dein Leben mit einer Person oder in einer bestimmten Umgebung abtrennst von deinem Leben mit anderen oder woanders? Daß du bei jeder neuen Erfahrung von vornherein eine EnttĂ€uschung mit einkalkulierst, die nicht kompensiert werden kann, es sei denn durch die Summe aller EnttĂ€uschungen?
”
”
Italo Calvino (If on a Winter’s Night a Traveler)
“
Wenn Vernunft wirklich feurige Materie wĂ€re, wie von Diogenes als Erstem angenommen wurde, so sĂ€he man es doch am besten daran, wie ĂŒber die Jahrhunderte hinweg der eine Nachdenkende die Gedanken eines anderen aufnimmt und versucht, ihnen das Eigene hinzuzufĂŒgen und sie so am Leben zu halten.
”
”
Jenny Erpenbeck (Gehen, ging, gegangen)
“
Auf dem allerersten Foto, das von mir geschossen wurde, liege ich auf der SĂ€uglingsstation, eingewickelt in eine gelbe Decke. Nicht blau, wie all die anderen Jungen, und auch nicht rosa wie die MĂ€dchen. Es war eine gelbe Decke, und ich habe sie mein Leben lang aufgehoben. Ich schlief jede Nacht damit. Selbst als es mir peinlich wurde, weil ich zu alt dafĂŒr war, liebte ich diese Decke. Aber ich habe eben immer Sachen geliebt, die meine Liebe nicht erwiderten. Ich habe mich immer gefragt, ob die Leute, die mich und meine gelbe Decke zwischen den anderen Babys sahen, mich fĂŒr einen Jungen oder ein MĂ€dchen hielten. Ob es ĂŒberhaupt eine Rolle spielte. Ob ich an meinem ersten Tag auf dieser Erde vielleicht keins von beidem war. Ich war einfach nur schön.
”
”
Raziel Reid (Movie Star (German Edition))
“
WĂ€hrend der Eiszeit starben viele Tiere wegen der KĂ€lte. Da beschlossen die Stachelschweine, sich aneinanderzukuscheln, um sich gegenseitig zu wĂ€rmen und zu schĂŒtzen. Doch die Stacheln verletzten die GefĂ€hrten, die ihnen am nĂ€chsten waren - ausgerechnet jene, die ihnen am meisten WĂ€rme lieferten. Deshalb rĂŒckten sie wieder voneinander ab. Und froren wieder, und einige von ihnen gingen an der KĂ€lte zugrunde. Da mussten sie eine Wahl treffen. Entweder sie wĂŒrden alle umkommen und als Spezies aussterben, oder sie lernten, die Stacheln ihrer NĂ€chsten zu lieben. Weise beschlossen sie, noch einmal zusammenzurĂŒcken. Sie lernten, mit den kleinen Wunden zu leben, die eine sehr enge Beziehung schaffen kann, denn das Wichtigste war die WĂ€rme des anderen. Und so ĂŒberlebten sie.
”
”
Paulo Coelho (Adultery)
“
Seine Fremdheit, Einsamkeit und GefĂ€hrung weckte nicht nur etwas wie Mitleid in mir, sie war mir unterhalb oder oberhalb des Rationalen verstĂ€ndlich, weil sie als Ahnung und Möglichkeit auch in mir vorhanden war. Ich war freilich ein ganz anderes Temperament als er, wechselnder, beweglicher, munterer, auch zu Geselligkeit und Spiel geneigter, aber Einsamkeit und sichfremdwissen unter den anderen waren auch mir wohlbekannt. Jenes Stehen am Rande der Welt, an jener Grenze des Lebens, jene Verlorenheit und jenes Starren ins Nichts oder Jenseits, die zu [seinem] Wesen zu gehören und seine dauernde Haltung zu sein schienen, sie hatten fĂŒr Stunden oder Augenblicke auch mir das Leben fragwĂŒrdig gemacht und den Spaß daran verdorben.
”
”
Hermann Hesse
“
Ich sage immer, dass Messiaen mein Leben verĂ€ndert hat. Er war wie ein Vater fĂŒr mich, er hat mich nach Europa gebracht und eingefĂŒhrt - nicht nur rĂ€umlich durch seine Einladung nach Paris, wo ich bei ihm zu Hause leben und von ihm lernen konnte, sondern in viel umfĂ€nglicherem Sinne. ... Auch war mir vieles fremd in Paris. Die andere Art des Lebens, die Denkweise, die GerĂŒche der Stadt, die GerĂ€usche des Verkehrs, die ganz andere Ästhetik, nicht nur in der Musik und Kunst. Vieles war so neu und befremdlich, dass ich ĂŒberhaupt keine Haltung dazu hatte. ... Es gab so viel zu lernen ĂŒber die europĂ€ische Geschichte. Messiaen weckte in mir den Sinn fĂŒr Vielfalt europĂ€ischer Traditionen und fĂŒr die vielen Sprachen. Er und seine Frau zeigten mir Paris und brachten mich mit anderen Komponisten und KĂŒnstlern zusammen. Yvonne Loriod unterrichtete mich in vielen Privatstunden am Klavier, sodass ich Messiaens Werke besser verstehen wĂŒrde. FĂŒr jemanden vom anderen Ende der Welt sind das ungemein prĂ€gende Erfahrungen. Selten habe ich so viel gelernt in meinem Leben.
”
”
Kent Nagano "Erwarten Sie Wunder".
“
Warum redet Lydia, wenn sie schlĂ€ft?, frage ich Mutter beim FrĂŒhstĂŒck. Sie hat so viel Phantasie, dass ihr nachts der Kopf ĂŒberquillt, antwortet Mutter und streicht Lydia ĂŒber die Haare. Und was rede ich?, krĂ€ht Lydia. Letzte Nacht hast du gesagt: Ich will tanzen, tanzen, tanzen. Will ich ja auch, ruft Lydia. Und sie tanzt so schön, unsere Lydia, sagt Mutter stolz. Ganze Nachmittage bietet Lydia Programm. Mutter starrt dann nicht in die Ferne. Mutter ist dann glĂŒcklich. Unsere kleine KĂŒnstlerin. Aus der wird mal was Besonderes. Ich kann nicht tanzen. Mein Kopf quillt nicht ĂŒber. Ich habe keine Phantasie. Ich bin nur gut in der Schule. Lydia könnte TĂ€nzerin werden, sagt Mutter, oder SĂ€ngerin. Oder Schauspielerin. Schauspielerin, wie ich. Wieder streicht Mutter Lydia ĂŒber die Haare. Ja, ruft Lydia, alles auf einmal. Mutter und Schauspielerin? In mir kocht die Wut hoch. Vater sagt, das muss in einem anderen Leben gewesen sein. Ich hatte ein Angebot, schreit Mutter, eine Hauptrolle. Mutter Courage. Und dann wurde ich schwanger. Mit dir! Mutter sieht mich böse an. Du kannst mit mir Theater spielen, ruft Lydia. Dann bist du die Königin, und ich bin die Prinzessin. Mein kleiner Schatz, sagt Mutter und drĂŒckt sie an sich. Lydia kichert und zeigt auf mich. Und du bist die Hexe. Da knalle ich ihr eine. Mutter packt mich und schließt mich im Badezimmer ein. Ich sitze auf dem Rand der Wanne. Mutter hĂ€lt immer zu Lydia. Lydia tanzt und singt und erzĂ€hlt verrĂŒckte Geschichten. Wenn ich eine Geschichte erzĂ€hle, wandern Mutters Blicke woanders hin. Ihre Finger klopfen auf den Tisch. Ich gerate durcheinander oder vergesse das Wichtigste. Keiner lacht. Manchmal sagt Lydia, die Geschichte hat aber lange gedauert. Ich starre auf die grĂŒnen Fliesen. Ich werde nichts mehr erzĂ€hlen. Nur meinem Tagebuch. Und das schließe ich ab und trage den SchlĂŒssel an einer Kette um den Hals. Niemand weiß, was ich denke. Eifersucht unter Geschwistern. Nichts Ungewöhnliches. Wie eine Stichflamme schoss sie in mir hoch. Und verschwand genauso schnell wieder. Wie Mutter nebenan weinte oder mit Vater stritt. Ich nahm Lydia in die Arme und hoffte, sie wĂŒrde es nicht hören. Irgendwann wurde daraus Hass. Und der ist nicht mehr verschwunden.
”
”
Renate Ahrens
“
Sayyida Nafisah*, eine noble Frau und Gelehrtin, sagte folgendes, nachdem sie das Totengebet fĂŒr Imam al-Shafi'i betete: "Möge Allah barmherzig mit Muhammad bin Idris al-Shafi'i sein! In der Tat, er pflegte es seine Gebtswaschung zu perfektionieren." Die Perfektion bzw. das Perfektionieren (oder die "Vortrefflichkeit", oder "etwas schön machen" etc.), zu Arabisch "Ihsan"**, in seinen Anbetungen und Taten zu erstreben, ist eines der Eigenschaften, zu denen uns diese großartige Religion, der Islam, aufruft. Es ist die Eigenschaft derjenigen, die den geraden Pfad gehen: den Weg des noblen Propheten ï·ș. Sayyida Nafisah deutet mit ihrer Aussage auf dieses Perfektionieren hin. Imam al-Shafi'i pefektionierte seine Gebetswaschung und wer seine Gebetswaschung perfektioniert, der perfektioniert demzufolge sein Gebet. Und wer auch immer diese beiden Dinge perfektioniert, der perfektioniert seine gesamte Religion und all seine Taten in seinem Leben. D. h., wenn ein GlĂ€ubiger bestimmte Taten nicht perfektioniert, dann wird jener die Perfektion in seinen anderen Taten verfehlen. Jemand der sich nicht darum bemĂŒht seine Gebetswaschung zu perfektionieren, der wird auch unachtsam gegenĂŒber das Streben nach Perfektion innnerhalb seines Gebets sein. So wird jener ebenso das Perfektionieren im Verrichten seiner Zakat, seines Fastens, seiner Pilgerfahrt etc. nicht beachten. Möge Allah Sayyida Nafisah und Imam al-Shafi'i barmherzig behandeln und mit ihnen zufrieden sein. * Sie verstarb in Ägypten im Jahre 208 (823). ** Der Prophet sagte, dass Ihsan folgendes ist, nĂ€mlich Allah anzubeten, als wĂŒrde man Ihn sehen, doch wĂ€hrend man Ihn nicht sieht, soll man wissen, dass Er einen doch sieht. (Ü. von Muslim)
”
”
Ű§Ù„Ű­ŰšÙŠŰš ŰčÙ…Ű± ŰšÙ† Ű­ÙÙŠŰž - Habib Umar bin Hafiz
“
The state office for statistics on Hans-Beimler street counts everything; knows everything: how many pairs of shoes I buy a year: 2.3, how many books I read a year: 3.2 and how many students graduate with perfect marks: 6,347. But there's one statistic that isn't collected there, perhaps because such numbers cause even paper-pushers pain: and that is the suicide rate.
”
”
Georg Dreyman
“
Ich lehre, daß das Leben niemals zugunsten des leeren Versprechens eines anderen Lebens in der Zukunft gelebt oder zermalt werden darf. Unsterblich ist nur dieses Leben, dieser Augenblick. Es gibt kein Leben danach, kein Ziel , auf welches dieses Leben zustrebt, kein apokalyptisches Tribunal, kein jĂŒngstes Gericht. Dieser Moment dauert ewig, und Sie allein sind ihr ganzes Publikum.
”
”
Yalom D. Irvin - And Nietzsche wept
“
Nun sah ich das Leblose. Dass es keinen Unterschied mehr zwischen dem gab, was einmal mein Vater gewesen war, und dem Tisch, auf dem er lag, oder dem Fußboden, auf dem der Tisch stand, oder der Steckdose in der Wand unter dem Fenster, oder dem Kabel, das zu der Wandleuchte daneben fĂŒhrte. Denn der Mensch ist nur eine Form unter anderen Formen, die von der Welt immer und immer wieder hervorgebracht werden, nicht nur in allem, was lebt, sondern auch in dem, was, gezeichnet in Sand, Stein, Wasser, nicht lebt. Und der Tod, den ich stets als die wichtigste GrĂ¶ĂŸe im Leben betrachtet hatte, dunkel, anziehend, war nicht mehr als ein Rohr, das platzt, ein Ast, der im Wind bricht, eine Jacke, die von einem KleiderbĂŒgel rutscht und zu Boden fĂ€llt.
”
”
Karl Ove KnausgÄrd (Min kamp 1 (Min kamp, #1))
“
Ein Blinzeln, und du bist sechsundzwanzig und wirst in das BĂŒro des Dekans gerufen, weil er gemerkt hat, dass du nur noch mit halbem Herzen bei der Sache bist, und er rĂ€t dir, einen anderen Weg einzuschlagen, versichert dir, du wĂŒrdest deine Berufung schon noch finden – aber genau darin liegt das Problem, dass du dich nie zu einer bestimmten Sache berufen fĂŒhltest. Es drĂ€ngt dich nicht leidenschaftlich in eine Richtung, vielmehr ziehen hundert verschiedene SehnsĂŒchte gleichzeitig an dir, und jetzt erscheinen sie dir allesamt unerreichbar. Ein Blinzeln, und du bist achtundzwanzig, und alle sind schon durchgestartet, wĂ€hrend du selbst noch immer den richtigen Weg suchst, und du bist dir der Ironie der Tatsache bewusst, dass du, im Wunsch zu leben, zu lernen und dich selbst zu finden, die Orientierung verloren hast.
”
”
V.E.Schwab
“
Jedes fremde Leben ist eine Variante des eigenen Lebens, und es ist leichter, seiner selbst in anderen gewahr zu werden, wenn man dieses andere nicht kennt. Die Leiden und spÀrlichen Freuden der Menschen hört man sich am liebsten aus sicherer Entfernung an und noch lieber, wenn sie schon geschildert sind.
”
”
Arno Geiger (Das glĂŒckliche Geheimnis)
“
Was hat denn das Leben bitte fĂŒr einen Sinn? Keinen! Also muss man seinem Leben einen Sinn geben, und das mache ich nicht indem ich einem ĂŒberbezahlten Chef im Arsch rumkrieche oder mich von Faschisten verarschen lasse die mir erzĂ€hlen wollen wir leben in einer Volksherrschaft. Nein, es gibt fĂŒr mich jetzt noch eine Möglichkeit meinem Leben einen Sinn zu geben, und die werde ich nicht wie alle anderen zuvor verschwenden! Vielleicht hĂ€tte mein Leben komplett anders verlaufen können. Aber die Gesellschaft hat nunmal keinen Platz fĂŒr Individualisten. Ich meine richtige Individualisten, Leute die slebst denken, und nicht solche "Ich trage ein Nietenarmband und bin alternativ" Idioten! Ihr habt diese Schlacht begonnen, nicht ich. Meine Handlungen sind ein Resultat eurer Welt, eine Welt die mich nicht sein lassen will wie ich bin. Ihr habt euch ĂŒber mich lustig gemacht, dasselbe habe ich nun mit euch getan, ich hatte nur einen ganz anderen Humor! [...] Das Leben wie es heute tĂ€glich stattfindet ist wohl das armseeligste was die Welt zu bieten hat! SAART - Schule, Ausbildung, Arbeit, Rente, Tod Das ist der Lebenslauf eines "normalen" Menschen heutzutage. Aber was ist eigentlich normal? Als normal wird das bezeichnet, was von der Gesellschaft erwartet wird. Somit werden heutzutage Punks, Penner, Mörder, Gothics, Schwule usw. als unnormal bezeichnet, weil sie den allgemeinen Vorstellungen der Gesellschaft nicht gerecht werden, können oder wollen. Ich scheiss auf euch! Jeder hat frei zu sein! Gebt jedem eine Waffe und die Probleme unter den Menschen lösen sich ohne jedliche Einmischung Dritter. Wenn jemand stirbt, dann ist er halt tot. Und? Der Tod gehört zum Leben! Kommen die Angehörigen mit dem Verlust nicht klar, können sie Selbstmord begehen, niemand hindert sie daran! SAART beginnt mit dem 6. Lebensjahr hier in Deutschland, mit der Einschulung. Das Kind begibt sich auf seine perönliche Sozialisationsstrecke, und wird in den darauffolgenden Jahren gezwungen sich der Allgemeinheit, der Mehrheit anzupassen. Lehnt es dies ab, schalten sich Lehrer, Eltern, und nicht zuletzt die Polizei ein. Schulpflicht ist die Schönrede von Schulzwang, denn man wird ja gezwungen zur Schule zu gehen. Wer gezwungen wird, verliert ein StĂŒck seiner Freiheit. Man wird gezwungen Steuern zu zahlen, man wird gezwungen Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuhalten, man wird gezwungen dies zu tun, man wird gewzungen das zu tun. Ergo: Keine Freiheit! Und sowas nennt man dann Volksherrschaft. Wenn das Volk hier herrschen wĂŒrde, hiesse es Anarchie! [...] Weil ich weiss das die Fascholizei meine Videos, Schulhefte, TagebĂŒcher, einfach alles, nicht veröffentlichen will, habe ich das selbst in die Hand genommen.
”
”
Sebastian Bosse
“
Der stigmatisierte Weg eines Menschen. Man wĂ€chst auf, betritt die Schule, stellt zur Hoffnung der Eltern keinen Unfug an und schreibt gute Noten. Man verlĂ€sst das starre GebĂ€ude, namens Bildungsanstalt, mit weniger Wissen ĂŒber das Leben, als man sollte, startet eine Karriere, geht mit unter ernsthafte Beziehung ein, oder vertieft Bestehende, die erste eigene Wohnung, man setzt Kinder in die Welt, am besten noch bevor man dreißig ist, alles andere wĂ€re egoistisch, zum GlĂŒck ist bald Wochenende, die Kinder werden immer Ă€lter, viel zu schnell, und wollen immer gut versorgt werden, hier ein Urlaub, da ein Geschenk, mit Bedacht nie den eigenen Partner vergessen, obwohl es im Bett schon lange nicht mehr funkt, schließlich ziehen die Kinder aus und betreten ihr eigenes Hamsterrad, womöglich steht nun mitunter die erste Midlife-Crisis an, eine Trennung oder ein Betrug oder beides, zum GlĂŒck nicht mehr lange bis zur Rente, die ein oder anderen Krankheit und Operationen ĂŒberstanden, erreicht man endlich den Ruhestand. Mit GlĂŒck bleiben einem ein paar wenige Wochen ohne Krankheit, mit einem geliebten Menschenkreis, der womöglich immer wieder erweitert wird, bis dann schließlich das Licht ausgeht. Nichts daran ist falsch. Es ist nicht falsch solch ein Leben zu wollen, womöglich sogar einfach und mit viel unbeschwerlichem GlĂŒck verbunden. Jedoch ist dies nur ein Weg von vielen Abertausenden. NatĂŒrlich gibt es Grenzen. Ein Mörder, Rassist oder Sonstiges ist kein guter Mensch, der sein Leben lediglich frei entfalten will. Wie so oft gesagt, endet die eigene Freiheit, bei der Einengung der Freiheit anderer.
”
”
Spencer Hill, Krieg zwischen den Welten - Das zweite Gesicht
“
Das menschliche Leben besteht aus einer Abfolge administrativer und technischer Schwierigkeiten, unterbrochen von medizinischen Problemen; mit dem Alter treten die medizinischen Gesichtspunkte in den Vordergrund. Das Leben Ă€ndert also seine Beschaffenheit und beginnt einem HĂŒrdenlauf zu Ă€hneln: Immer hĂ€ufigere und verschiedenartigere medizinische Untersuchungen sondieren den Zustand der Organe. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Lage normal oder zumindest akzeptabel ist, bis eine von ihnen zu einem anderen Urteil kommt. Das Leben Ă€ndert also ein zweites Mal seine Beschaffenheit und wird zu einem mehr oder weniger langen und schmerzvollen Pfad hin zum Tod.
”
”
Michel Houellebecq (Anéantir)
“
Eine BeschrĂ€nkung der iranischen Ölexporte hat natĂŒrlich nicht nur Auswirkungen auf den Lebensstandard der Iraner, sondern auch auf den von Menschen, die auf der Anderen Seite der Welt leben. Auf dem globalen Energiemarkt betrifft der Gas-, Strom-, und Benzinpreis die Farmer in Minnesota, die Taxifahrer in Madrid, die Studentinnen in Schwarzafrika und die Kaffeepflanzer in Vietnam gleichermaßen. Wir alle werden ganz direkt von der Machtpolitik beeinflusst, die Tausende Kilometer von uns entfernt umgesetzt wird. Man vergisst leicht, dass in den EntwicklungslĂ€ndern ein paar Cent den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen können. Erzwungene Sanktionen kommen deshalb einer schleichenden Erstickung all jener gleich, deren Stimmen man nicht hören kann: der MĂŒtter in den Slums von Mumbai, der Korbweber in de Vororten on Mombasa oder der Frauen, die sich den illegalen BergbauaktivitĂ€ten in SĂŒdamerika entgegenstellen. Und dies alles, damit der Iran sich gezwungen sieht, ein Nuklearprogramm einzustellen, das auf US-Technologien aufbaut, die die Amerikaner in den siebziger Jahren dem despotischen, intoleranten und korrupten Schah-Regime verkauft haben.
”
”
Peter Frankopan (The Silk Roads: A New History of the World)
“
Bei allem, was wir in großer Höhe tun, spĂŒren wir eine lĂ€hmende MĂŒdigkeit, eine gebremste Lebenskraft in Kopf und Beinen. Die Bewegungen, auch das Denken verlangsamen sich. TrĂ€gheit lastet auf unserer Entschlusskraft, als döse unser Wille im Halbschlaf. Es ist nicht Lethargie, was dem Menschen da oben die Kraft und die SinnesschĂ€rfe nimmt, es ist der Mangel an Sauerstoff. Diese Art Dasein aber erlaubte mir frĂŒh schon einen Vorgeschmack auf das Altern. Niemand kann sich den Folgen des Sauerstoffmangels entziehen, sowenig wir dem Prozess des Alterns entgehen. Lebenskunst besteht auch darin, dies einzusehen und dieses Altern als Lernprozess zu verstehen, es tĂ€glich selbst auszufĂŒllen. Es sind alternde Sherpas, die mich in ihrem Frieden bestĂ€rkt haben, mein Altern anzunehmen. Ihre Stirn in Falten gerunzelt, die Haut um die Augen schlaff, singen sie ihre Sherpa-Lieder. Ohne zu wissen, ob sie am anderen Morgen noch leben. Vor allem in den vielen Monaten, die wir gemeinsam in »eisigen Höhen« zugebracht haben, sind wir geworden, wie wir heute sind. Sogar die Entdeckung, dass die Welt dieselbe wĂ€re, wenn es mich nie gegeben hĂ€tte, ist keine Zumutung mehr. Lange habe ich versucht, meine Welt selbst zu lenken, habe Vorbereitungen fĂŒr die Zukunft getroffen. Ohne daran zu denken, dass die Zeit sich auflöst, ohne zu bemerken, dass auch die Eroberung des Nutzlosen vergĂ€nglich ist. Plötzlich sind die letzten Jahre gekommen: UnnĂŒtzsein und Nichtsein werden eins. Ist es die hĂ€ufige Vorstellung des Todes, die mir jetzt, mit siebzig, die Angst vor dem Sterben nimmt?
”
”
Reinhold Messner (Über Leben)
“
Nimm an, du sitzest in einer Hochalpenlandschaft auf einer Bank am Wege. Rings um dich her Grashalden, mit Felsblöcken durchsprengt, am Talhang gegenĂŒber ein Geröllfeld mit niedrigem ErlengestrĂŒpp. Steil geböschtes Waldgebirge zu beiden Seiten des Tals bis hoch hinauf an die baumlosen Almmatten; und vor dir vom Talgrund aufsteigend der gewaltige firngekrönte Hochgipfel, dessen weiche Schneelenden und scharfkantige Felsgrate jetzt eben der letzte Strahl der scheidenden Sonne in zartestes Rosenrot taucht, wundervoll abgehoben von dem durchsichtig klaren, blaßblauen Firmament. All das, was dein Auge sieht, ist - nach der bei uns gewöhnlichen Auffassung - mit geringen VerĂ€nderungen Jahrtausende lang v o r dir dagewesen. Über ein Weilchen — nicht lange — wirst du nicht mehr sein, und Wald, Fels und Himmel werden Jahrtausende n a c h dir noch unverĂ€ndert dastehen. Was ist's, das dich so plötzlich aus dem Nichts hervorgerufen, um dieses Schauspiel, das deiner nicht achtet, ein Weilchen zu genießen? Alle Bedingungen fĂŒr dein Sein sind fast so alt wie der Fels. Jahrtausende lang haben MĂ€nner gestrebt, gelitten und gezeugt, haben Weiber unter Schmerzen geboren. Vor hundert Jahren vielleicht saß ein anderer an dieser Stelle, blickte gleich dir, Andacht und Wehmut im Herzen, auf zu den verglĂŒhenden Firnen. Er war vom Mann gezeugt, vom Weib geboren gleich dir. Er fĂŒhlte Schmerz und kurze Freude wie du. W a r es ein anderer? Warst du es nicht selbst? Was ist dies dein Selbst? Welche Bedingung mußte hinzutreten, damit dies Erzeugte du wurdest, gerade du, und nicht — ein anderer? Welchen klar faßbaren, n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e n Sinn soll denn dieses „ein anderer“ eigentlich haben? HĂ€tte sie, die jetzt deine Mutter ist, einem anderen beigewohnt und mit ihm einen Sohn gezeugt, und dein Vater desgleichen, wĂ€rest d u geworden? Oder lebtest du in ihnen, in deines Vaters Vater... schon seit Jahrtausenden? Und wenn auch dies, warum bist du nicht dein Bruder, dein Bruder nicht du, warum nicht einer deiner entfernten Vettern? Was lĂ€ĂŸt dich einen so eigensinnigen Unterschied entdecken — den Unterschied zwischen dir und einem anderen —, wo objektiv d a s s e l b e vorliegt? Unter solchem Anschaun und Denken kann es geschehn, daß urplötzlich die tiefe Berechtigung jener vedĂąntischen GrundĂŒberzeugung aufleuchtet: unmöglich kann die Einheit, dieses Erkennen, FĂŒhlen und Wollen, das du das d e i n e nennst, vor nicht allzulanger Zeit in einem angebbaren Augenblick aus dem Nichts entsprungen sein; vielmehr ist dieses Erkennen, FĂŒhlen und Wollen wesentlich ewig und unverĂ€nderlich und ist numerisch nur e i n e s in allen Menschen, ja in allen fĂŒhlenden Wesen. Aber auch nicht s o, daß du ein Teil, ein StĂŒck bist von einem ewigen, unendlichen Wesen, eine Seite, eine Modifikation davon, wie es der Pantheismus des Spinoza will. Denn das bliebe dieselbe Unbegreiflichkeit: Welcher Teil, welche Seite bist gerade d u, was unterscheidet, objektiv, sie von den anderen? Nein, sondern so unbegreiflich es der gemeinen Vernunft scheint: du — und ebenso jedes andere bewußte Wesen fĂŒr sich genommen — bist alles in allem. Darum ist dieses dein Leben, das du lebst, auch nicht ein StĂŒck nur des Weltgeschehens, sondern in einem bestimmten Sinn das g a n z e. Nur ist dieses Ganze nicht so beschaffen, daß es sich mit e i n e m Blick ĂŒberschauen lĂ€ĂŸt. — Das ist es bekanntlich, was die Brahmanen ausdrĂŒcken mit der heiligen, mystischen und doch eigentlich so einfachen und klaren Formel Tat twam asi (das bist du). — Oder auch mit Worten wie: Ich bin im Osten und im Westen, bin unten und bin oben, i c h b i n d i e s e g a n z e W e l t.
”
”
Erwin Schrödinger (My Life, My Worldview)
“
Der selbstgefĂ€llige Eindruck, den die Bundesrepublik von sich machte, als sie in den sechziger Jahren stolz von einem «Eingliederungswunder!» sprach, ist durch die Forschung der letzten Jahre korrigiert worden. Viele Deutschen verhielten sich ihren geflohenen Landsleuten gegenĂŒber nicht weniger hartherzig als gegenĂŒber den auslĂ€ndischen DPs (Displaced Persons). Daraus könnte man den womöglich tröstlichen Schluss ziehen, ihr Egoismus sei zumindest nicht rassistisch motiviert gewesen. Doch die Vertriebenen wurden gern und hĂ€ufig als «Zigeunerpack» beschimpft, mochten sie noch so blond und blauĂ€ugig sein. [...] Die ZuzĂŒgler, wie sie damals von der Verwaltung genannt wurden, trafen auf eine Mauer von Ablehnung. [...] Die Einheimischen, ob in Bayern oder Schleswig-Holstein, wehrten sich teilweise so vehement gegen die Einquartierungen, dass die Vertriebenen nur unter dem Schutz von Maschinengewehren in ihre zugewiesenen Behausungen geleitet werden konnten. Gegen deren Not wappneten sich die Bauern mit einer Sturheit, die die ihrer Ochsen weit ĂŒbertraf. Der Schriftsteller Walter Kolbenhoff berichtete 1946 aus einem oberbayrischen Dorf: «Diese Bauern haben nie in Luftschutzkellern gesessen, als die Bomben hagelten und das Leben der Angehörigen erlosch. Sie sind nie frierend und hungernd ĂŒber fremde Landstraßen gezogen. Sie haben, als die anderen jeden Tag, den ihnen das Leben erneut schenkte, wie eine Gabe begrĂŒĂŸten, auf ihren Höfen gesessen und Geld verdient. Aber dieses Schicksal hat sie nicht demĂŒtig gemacht. Es ist, als wĂ€re alles nicht gewesen und als ginge alles sie nichts an.» [...] Besonders unwĂŒrdige Szenen spielten sich ab, wenn die Bauern selbst bestimmen konnten, wen aus der ankommenden FlĂŒchtlingsgruppe sie aufzunehmen bereit waren. Es ging zu wie auf dem Sklavenmarkt. Man wĂ€hlte unter den MĂ€nnern die KrĂ€ftigsten, unter den Frauen die Schönsten und stieß die Schwachen unter höhnischen Bemerkungen weg. Manche Bauern sahen in den Vertriebenen einen ihnen rechtmĂ€ĂŸig zustehenden Ersatz fĂŒr die Zwangsarbeiter und reagierten wĂŒtend auf das Ansinnen, den «Polacken» kĂŒnftig angemessenen Lohn zahlen zu sollen.
”
”
Harald JĂ€hner (Aftermath: Life in the Fallout of the Third Reich, 1945–1955)
“
...dass in der chinesischen Medizin GefĂŒhle wie Wut einfach als Energie angesehen werden. Viele Frauen können ihre Wut nicht direkt ausdrĂŒcken - sie manipulieren stattdessen andere damit. Doch Wut kann eine machtvolle VerbĂŒndete sein. Wenn wir wĂŒtend sind, hat das immer mit etwas zu tun, das wir fĂŒr uns selbst anerkennen mĂŒssen. Die Wut hĂ€ngt nur bedingt mit der der Situation oder dem Menschen, der sie ausgelöst hat, zusammen und ist immer ein Zeichen dafĂŒr, dass wir uns in irgendeiner Weise haben vergewaltigen lassen. das ist einer der GrĂŒnde dafĂŒr, dass Wut so oft eine Begleiterscheinung des prĂ€menstruellen Syndroms ist. Wir Frauen mĂŒssen alle lernen, dass niemand uns wĂŒtend machen kann. Unsere Wut gehört uns, und sie sagt uns etwas, das wir wissen mĂŒssen. Wut ist Energie - unser persönlicher Treibstoff. Sie sagt uns, dass etwas in unserem Leben geĂ€ndert werden muss. Sie weist uns darauf hin, dass wir etwas wollen, ohne zu wissen, was das ist. Wenn Sie das nĂ€chste Mal merken, dass Sie böse sind (vielleicht weil Sie ganz zittrig oder genervt sind), lassen Sie selbst Dampf ab. Bewegen Sie sich. Atmen Sie. Kreischen Sie. Oder versuchen Sie es damit: Stellen Sie zwei StĂŒhle einander gegenĂŒber. Setzen Sie sich dann in den einen und stellen Sie sich vor. dass die Person, auf die Sie wĂŒtend sind, im anderen sitzt. Jetzt sagen Sie Ihrem GegenĂŒber alles. was Sie schon immer sagen wollten. ganz egal wie laut, abseitig oder geschmacklos das ist. Lassen Sie Ihre Wut raus, steigern Sie sich ordentlich rein. Wenn Sie fertig sind, beglĂŒckwĂŒnschen Sie sich fĂŒr Ihren Mut. Fragen Sie sich dann: "Was aber brauche ich?" Warten Sie die Antwort ab. Kommt die Wut wieder hoch, wiederholen Sie das Ganze, bis der Anfall vorbei ist.
”
”
Christiane Northrup (Women's Bodies, Women's Wisdom: Creating Physical and Emotional Health and Healing)
“
In meiner Vorstellung liegt der Mittelpunkt Istanbuls auf der anderen Seite des Bosporus, in Beyoğlu. Hier leben alle meine Freunde und Feinde, und in den geheimnisvollen Gassen leben viele Menschen völlig anders als ich. Hier sind die SpielzeuglĂ€den meiner Kindheit und die Buchhandlungen, in denen ich heute meine BĂŒcher und Zeitungen kaufe, die CafĂ©s und Bars, die die ganze Nacht geöffnet haben. Hie und da in den engen Straßen, zwischen hundertjĂ€hrigen GebĂ€uden, von denen der Putz herunterbröckelt und in denen niemand mehr wohnt, zwischen Eingangsportalen, Kirchen und Moscheen schlĂŒpft am frĂŒhen Morgen ein Liedfetzen, eine Duftwolke, ein orangenes Licht aus einer halbgeöffneten TĂŒr. Dann ĂŒberkommt einen jenes GlĂŒcksgefĂŒhl, das die Großstadt von einem Dorf unterscheidet: das GefĂŒhl, dass in diesen dunklen und hĂ€ufig schmutzigen Straßen das Leben nie still steht.
”
”
Orhan Pamuk (Manzaradan Parçalar: Hayat, Sokaklar, Edebiyat)
“
Im Gayan lesen wir, „Das GegenwĂ€rtige ist die Widerspiegelung der Vergangenheit, und die Zukunft ist der Widerhall des GegenwĂ€rtigen.“ Das Schicksal ist nicht etwas bereits Gemachtes; Schicksal ist, was wir machen. Fatalisten meinen sehr hĂ€ufig, wir seien in den HĂ€nden des Schicksals und wĂŒrden in unserem Leben nach dem Willen des Schicksals in irgendeine Richtung getrieben; tatsĂ€chlich aber sind wir die Meister/innen unseres Schicksals, besonders von dem Moment an, in dem uns diese Wahrheit bewusst wird. Eine bekannte Redewendung der Hindus bezeichnet die Schöpfung als Brahmas Traum; mit anderen Worten, alle Manifestationen ist der Traum des Schöpfers. Dem möchte ich gern hinzufĂŒgen, dass Schicksal die Verkörperung der menschlichen Gedanken bedeutet. Der Mensch ist fĂŒr seinen Erfolg und Misserfolg, fĂŒr seinen Aufstieg und Fall verantwortlich; er ist es, der dies bewusst oder unbewusst verursacht. (S. 40)
”
”
Hazrat Inayat Khan (Meisterschaft: Spirituelle Verwirklichung in dieser Welt)
“
Das Ego des Menschen ist das falsche Ego; Gottes Ego ist das wahre Ego. Doch was ist das Ego? Das Ego ist Teil einer Linie: an einem Ende der Linie befindet sich Gottes Ego, am anderen das Ego des Menschen. Letzteres ist falsch, weil der Mensch sein Ego mit seinen Illusionen ĂŒberdeckt hat, die er Ich-selbst nennt. Daher, wenn das Ego durch Liebe, Weisheit oder Meditation aufgelöst wird verfliegen die Wolken, die es bedeckten und das wahre Ego, Gottes Ego tritt in Erscheinung. Saadi schriebt in seiner Lebensgeschichte, „einmal hatte ich keine Schuhe und musste barfuß durch den heißen Sand laufen und ich dachte, wie elend ich doch dran sei; dann traf ich einen lahmen Mann dem das Gehen sehr schwer fiel. Ich sank sofort auf die Knie und schickte meinen Dank zum Himmel, dass es mir viel besser ging als ihm, der nicht einmal FĂŒĂŸe zum Gehen hatte“ Dies zeigt, dass es nicht die Lebenssituation des Menschen ist, sondern seine Einstellung gegenĂŒber dem Leben, die ihn glĂŒcklich oder unglĂŒcklich sein lĂ€sst; und diese Einstellung kann solch einen Unterschied ausmachen, dass ein Mensch in einem Palast unglĂŒcklich, wĂ€hrend ein anderer in einer einfachen HĂŒtte sehr glĂŒcklich sein kann. (S. 176)
”
”
Hazrat Inayat Khan (Meisterschaft: Spirituelle Verwirklichung in dieser Welt)
“
Die klassische Sufi Tradition betont sehr stark die göttliche Einheit allen Lebens (tawhid genannt). In dieser Sichtweise, die von Rumi, Ibn Arabi und vielen anderen geteilt - und durch eine Interpretation des Korans selbst gerechtfertigt wird-, kam die ganze Schöpfung ins Sein, um die grenzenlosen, heiligen Eigenschaften durch alle Wesen zum Ausdruck zu bringen. Insbesondere erschuf Gott den Menschen als einen Spiegel, der die Gesamtheit des Göttlichen enthalten und spiegeln könne, einschließlich des ganzen Bewusstseins der Natur und des Universums. Das bedeutet nach Ansicht der Sufis, ein ganzer Mensch zu sein. (S. 20)
”
”
Neil Douglas-Klotz (Sufibuch des Lebens ‱ 99 Meditationen der Liebe)
“
Ich prĂŒfte die WĂŒnsche, die ich fĂŒr das Leben hatte. Als wichtigster oder als reizvollster ergab sich der Wunsch, eine Ansicht des Lebens zu gewinnen (und - das war allerdings notwendig verbunden - schriftlich die anderen von ihr ĂŒberzeugen zu können), in der das Leben zwar sein natĂŒrliches schweres Fallen und Steigen bewahre, aber gleichzeitig mit nicht minderer Deutlichkeit als ein Nichts, als ein Traum, als ein Schweben erkannt werde. Vielleicht ein schöner Wunsch, wenn ich ihn richtig gewĂŒnscht hĂ€tte. Etwa als Wunsch, einen Tisch mit peinlich ordentlicher HandwerksmĂ€ĂŸigkeit zusammenzuhĂ€mmern und dabei gleichzeitig nichts zu tun und zwar nicht so, daß man sagen könnte: »Ihm ist das HĂ€mmern ein Nichts«, sondern »Ihm ist das HĂ€mmern ein wirkliches HĂ€mmern und gleichzeitig auch ein Nichts«, wodurch ja das HĂ€mmern noch kĂŒhner, noch entschlossener, noch wirklicher und, wenn du willst, noch irrsinniger geworden wĂ€re.
”
”
Franz Kafka
“
Unsere Zivilisation besteht aus Glaubens- und Überzeugungssystemen, nur Macht und Besitz gĂ€ben Sicherheit und wĂŒrden deshalb mit Sicherheit gleichgesetzt. Der Erfolg fĂŒr den einen bedeutet aber immer auch Misserfolg fĂŒr einen anderen, weshalb ein Albtraum unser Leben brandmarkt: "Um in unserer Kultur erfolgreich zu sein, muss man lernen, von Misserfolg zu trĂ€umen." Das Ergebnis ist die stĂ€ndige Angst zu versagen, unzulĂ€nglich und verletzlich zu sein. Aber dieses GefĂŒhl muss verleugnet werden, um ĂŒberhaupt Anerkennung zu bekommen. Denn, wenn wir anerkannt sein wollen, mĂŒssen wir stark und sicher erscheinen. Und so durchlaufen wir eine Metamorphose ... und verwandeln uns in Wesen, die völlig im Bann des BedĂŒrfnisses nach Anerkennung stehen.
”
”
Arno Gruen (Wider die kalte Vernunft (German Edition))
“
Es bedarf eines gewissen spirituell fortgeschrittenen Zustands, damit wir glauben können, dass es so etwas wie Offenbarung gibt. Das Leben offenbart sich, die Natur offenbart sich, und so offenbart sich auch Gott: deshalb wird Gott in Persien „Khuda“ genannt, was Selbstoffenbarung heißt. Alles Wissen, alle Kunst und alle Kultur, die die Menschen kennen, kamen und kommen als Offenbarung. Anders gesagt: Wir lernen nicht nur durch studieren, sondern beziehen unser Wissen auch von der Menschheit. Ein Kind erbt nicht nur die Eigenschaften seiner Eltern oder Ahnen, sondern auch die QualitĂ€ten seiner Nation und seiner Ethnie, sodass wir sagen können, es erbt die Eigenschaften der ganzen Menschheit. Wenn wir diese Schatzkammer des Wissens hinter dem sie verbergenden Schleier wirklich begreifen könnten, wĂŒrden wir erkennen, dass wir ein Recht auf dieses Erbe haben. Das gibt uns einen SchlĂŒssel, den SchlĂŒssel zum VerstĂ€ndnis des Geheimnisses des Lebens: dass das Wissen nicht nur von außen, sondern auch von innen her erlangt wird. So können wir Wissen, das wir durch das Ă€ußere Leben gewinnen, Erlerntes nennen; das Wissen, das wir aus dem Inneren herbeiziehen aber können wir Offenbarung nennen. Offenbarung kommt von innen. Sie lĂ€sst das Herz sich selbst offenbaren; sie ist wie eine Neugeburt der Seele. Wenn wir dieses Stadium erreicht haben, werden alle Dinge und alle Wesen lebendig: Die Felsen, die BĂ€ume, die Luft, der Himmel, die Sterne – sie alle leben. Wir können nun mit allen Dingen und Wesen kommunizieren. Wohin auch immer unser Blick auf Dinge in der Natur oder auf Persönlichkeiten fĂ€llt: Wir lesen darin deren Geschichte und erkennen ihre Zukunft. Wir beginnen mit den Seelen der Menschen, denen wir begegnen, zu kommunizieren, noch bevor wir ein Wort mit ihnen gesprochen haben. Ohne dass wir noch irgendeine Frage gestellt haben, beginnt die Seele schon, ihre eigene Geschichte zu erzĂ€hlen. Jeder Mensch und jedes Objekt steht vor uns wie ein offenes Buch. Dann hört dieses stĂ€ndige „Warum“ auf, das wir so oft in Menschen finden. Das „Warum“ existiert nicht lĂ€nger, weil wir die Antwort auf alle Fragen in uns selbst finden. Trotz all der Gelehrtheit der Welt, die wir beigebracht bekommen, wird nĂ€mlich dieses andauernde „Warum“ bleiben, solange diese Antwort nicht eröffnet wurde. Und wieder können wir fragen, wie wir zu solchen Offenbarungen kommen. Die Antwort ist, dass es nichts im ganzen Universum gibt, das nicht im Menschen gefunden werden kann, wenn wir uns nur darum bemĂŒhen, es zu entdecken. Aber wenn wir sie nicht selbst herausfinden, kann niemand sie uns geben, denn Wahrheit wird nicht gelernt, Wahrheit wird entdeckt. In diesem Glauben begaben sich die Weisen des Ostens in die Einsamkeit und saßen in Meditation, um der Offenbarung die Gelegenheit zu geben, aufzusteigen. Zweifellos gibt es beim derzeitigen Lebensstil fĂŒr uns kaum Zeit, in die Einsamkeit zu gehen. Aber das heißt nicht, dass wir weiterhin unwissend ĂŒber das bleiben sollten, was das Beste in uns ist, denn alle anderen SchĂ€tze der Erde sind nichts im Vergleich zu der unermesslichen GlĂŒckseligkeit der Offenbarung; sie können nicht einmal damit verglichen werden. Offenbarung ist wie Aladdins Zauberlampe; wenn wir sie erst einmal entdeckt haben, wirft sie ihr Licht nach links und rechts und alle Dinge werden klar. (S. 213 ff.)
”
”
Hazrat Inayat Khan (Heilung aus der Tiefe der Seele: Mystik und geistige Heilung)
“
Das Herz trĂ€gt die Ă€ußere Welt in sich. Ein hindustanischer Dichter beschreibt dies wunderbar: „Land und Meer sind nicht zu groß fĂŒr das menschliche Herz, sie zu fassen.“ Mit anderen Worten: Das menschliche Herz ist grĂ¶ĂŸer als das Universum. Und wenn es tausend Universen gĂ€be, das menschliche Herz könnte ihnen Unterkunft bieten. Doch die Menschen, die sich, beeindruckt von den Ă€ußeren Begrenzungen, ihres inneren Wesens nicht bewusst sind, bleiben unter der Wirkung ihrer SchwĂ€che, Begrenztheit und Kleinheit. Und dies hĂ€lt sie davon ab, diese große Kraft zu nutzen, die sie in sich entdecken können, dieses große Licht, mit dem sie das Leben klarer erkennen können. Und das alles nur, weil sie sich selbst nicht wirklich kennen. (S. 163)
”
”
Hazrat Inayat Khan (Heilung aus der Tiefe der Seele: Mystik und geistige Heilung)
“
Und manchmal reist du um die Welt, um wieder das GefĂŒhl zu haben, vorwĂ€rts zu kommen. Nicht festzusitzen auf der altbekannten Bank mit dem gleichen Blick auf das andere Ufer des Flusses. Du stehst auf und reist, um deine Blickrichtung zu Ă€ndern. Um deine Seele in anderen Orten zu erkunden. Sie an stillen Orten besser zu hören. Sie von kleinen und großen Meeren neu durchfluten und von verschieden starken und schwachen Sonnenstrahlen wĂ€rmen und berĂŒhren zu lassen. Um andere Menschen wahrzunehmen und neue Geschichten erzĂ€hlt zu bekommen, die dich von deiner eigenen Abstand nehmen lassen. Ja manchmal reist du um die Welt außerhalb deines Kopfes, nur um wieder zu dir selbst zu finden und zu fĂŒhlen wie das Herz in dir wieder nach Leben schreit.
”
”
Faten El-Dabbas
“
Machen wir uns nichts vor: In der Externalisierungsgesellschaft gilt die "goldene Regel", zu welche Kants kategorischer Imperativ popularisiert wurde, in pervertierter Form. Was du nicht willst, das man dir tu, das fĂŒg halt einem anderen zu - so lautet ihr eherner Grundsatz. Damit verwehrt sie anderen genau das, was ihre Mitglieder als mĂŒndige BĂŒrgerinnen grundsĂ€tzlich fĂŒr sich selbst in Anspruch nehmen: als nicht bevormundete, sondern freie und selbstbestimmte Subjekte zu leben.
”
”
Stephan Lessenich (Neben uns die Sintflut. Die Externalisierungsgesellschaft und ihr Preis)
“
NatĂŒrlich war ich nicht der Einzige in meiner Klasse, der in schĂ€bigen Klamotten rumlief. Aber die Sorgen der anderen, falls Sie das noch nicht bemerkt haben, trösten einen nicht. Man fĂŒhlt sich noch nicht mal weniger allein. Manchmal sogar ganz im Gegenteil. Landremont, der viel erzĂ€hlt, wenn der Tag lang ist, sagt immer "Was dich nicht umbringt, macht dich stark." Das soll also das Leben sein: Entweder du bist stark, oder Du bist tot? Was fĂŒr eine Scheißauswahl.
”
”
Marie-Sabine Roger (Das Labyrinth der Wörter)
“
Es ist ein Verstoß gegen den natĂŒrlichen Lauf der Dinge“, sagt sie schließlich. „Im Glauben meines Volkes ist es nĂ€mlich so: Die Natur hat uns allen das Leben geschenkt. Dir und mir, den Vögeln, die in diesem Moment um uns herum singen, den MĂ€usen, die durch das Dickicht huschen, den KrĂ€utern und den BĂ€umen. Aber dieses Geschenk ist eigentlich bloß eine Leihgabe. Irgendwann kommt der Tag, da holt sie es sich zurĂŒck. Dann verwandeln wir uns zu Staub und werden wieder eins mit ihr. Bis sie uns erneut auf die Reise schickt, uns Leben gibt, in einem anderen Körper und zu einer anderen Zeit. Wir sind Teil eines ewigen Kreislaufs der Energien, verstehst du? Und die Natur allein bestimmt, wie er zu verlaufen hat. So wie sie bestimmt hat, dass Pflanzen ĂŒber der Erde wachsen, dem Licht entgegen. Dass sie nur zu bestimmten Zeiten im Jahr FrĂŒchte tragen. Dass BĂ€ume jeden Herbst ihre BlĂ€tter verlie-ren, um in den Winterschlaf zu gehen. Wir Menschen mögen vielleicht zu klein und unbedeutend sein, um den Sinn hinter diesen Regeln zu verstehen. Wir mö-gen uns fragen, warum wir nicht immer Äpfel essen können, warum die Winter so kalt und die Sommer so heiß sind. Dennoch mĂŒssen wir uns dem beugen. Das nicht zu tun 
 so radikal einzugreifen in das, was unsere Natur uns geschenkt hat 
 das fĂŒhlt sich fĂŒr mich an wie ein furchtbares Sakrileg.
”
”
Eva Klocke (Immuna X (German Edition))
“
ZwangslĂ€ufig wuchsen die Hochlandbewohner somit mehrsprachig auf. Sie hĂ€tten sich sonst von Stamm zu Stamm nicht verstĂ€ndigen können. Sie erschienen mir kognitiv fĂ€higer als einsprachig kommunizierende Gruppen. Mehrsprachigkeit erleichtert das Leben und bereichert es zugleich. Einerseits weil bestimmte Emotionen in der einen Sprache oft besser auszudrĂŒcken sind als in einer anderen. Andererseits weil die Struktur jeder Sprache die Denkweise ihrer Sprecher prĂ€gt. Und damit auch die des GegenĂŒber beeinflusst. Vielsprachige Menschen denken die Welt vielgestaltig. Sie verstehen ihr GegenĂŒber oft auch sprachlos. HĂ€ufig reichen ihnen ihre GebĂ€rden, um Empfindungen auszudrĂŒcken.
”
”
Reinhold Messner (Über Leben)
“
Ich liebe Astrid Lindgren und glaube fest an Nangijala – oder zumindest eine artĂ€hnliche Variante eines Weiterlebens ohne Drachen. An eine Wiedergeburt unserer Seele in einem anderen Körper, irgendwo auf dieser Welt. So, dass sich das Leben unserer Seele gewissermaßen in einem neuen Körper fortsetzt – vielleicht sogar in einem anderen Kulturkreis.
”
”
Ronja Maue (Koks im Zuckerstreuer und Kakerlaken in der Wand)
“
Nun sahen sie in den sinnlosen Ausschweifungen, dem ĂŒbertriebenen Luxus und der unbĂ€ndigen Unzucht von einst nur Hindernisse und beklagten, wie viel Leben es sie gekostet hatte, das Paradies der geteilten Einsamkeit zu entdecken.
”
”
Gabriel GarcĂ­a MĂĄrquez (Hundert Jahre Einsamkeit, Die Liebe in Zeiten der Cholera, Von der Liebe und anderen DĂ€monen, Chronik eines angekĂŒndigten Todes)
“
Sein Leben war nichts weiter als ein StĂŒck Blei, das zufĂ€llig das richtige Gewicht besaß, um das Gold in der anderen Schale aufzuwiegen.
”
”
Richard DĂŒbell (Das Buch der Finsternis)
“
Ich verkaufe BĂŒcher. Viele davon sind TrĂ€ume. Haben Sie schon einmal darĂŒber nachgedacht, dass ein Buch erst dann lebt, wenn man es öffnet?" Ihre Augen wurden groß. Caleb spĂŒrte ihre Begeisterung. "Es ist wie ein Tor in eine andere Welt, in der alles möglich ist", sagte sie. "Sie erwecken diese Welt zum Leben, wenn Sie das Buch aufschlagen und nachsehen, was sich zwischen den Deckeln verbirgt. Ein Wissenschaftler aus einer anderen Welt wĂŒrde vielleicht nur Papier und Farbe finden, ganz gleich, wie genau er auch hinsieht. Die eigentliche Wahrheit eines Buchs ist auf einer Ebene versteckt, die man weder anfassen, noch zerschneiden kann. Sie ist Ihnen selbst.
”
”
RĂŒdiger Schache
“
So herrscht auch im universitĂ€ren Kontext der Mythos, akademische Leistung entstehe durch Konkurrenz; das heißt durch die Trennung von der eigenen Ganzheit und von anderen Menschen. Hier kann ein erstes Mal die scheinbar innere Pflicht eines Menschen gelesen werden, innere Anteile aus dem Leben auszuschließen, um gesellschaftlichen Wert zu erhalten.
”
”
Sarina Samaya (Radikal verbunden: Über traumatisierende Herrschaft und den spirituellen Aktivismus als BrĂŒcke zwischen sozio-politischem Aufdecken und mitfĂŒhlender Bezogenheit (German Edition))
“
Sinn wird uns vor allem mit einem gelingenden Leben bewusst. Weil wir dabei aus Erfahrungen wissen, was gut fĂŒr uns ist. Es ist aber ebenso wenig erstrebenswert wie zielfĂŒhrend, immerzu sinnerfĂŒllt und glĂŒcklich zu sein. So wichtig es ist, Sinn zu stiften, GlĂŒck geschieht, es ist die Folge von Sinnhaftigkeit. Sinn ist immer subjektiv, er entsteht aus unseren Beziehungen zu anderen Menschen, zu bestimmten Dingen, zu unserem Tun. Weil es an uns liegt zu gewichten. Dabei geht es nie um einen ĂŒbergeordneten Sinn, der uns wie Traditionen weitergegeben wird. Er ist auch nicht in Konventionen festschreibbar, Institutionen wie die Kirchen möchten ihn zwar vorgeben, missachten dabei aber allzu oft die Natur des Menschen. Sinn macht Energie frei, die mit Lebensfreude einhergeht. Wenn wir das »Richtige« tun und intensiv bei unserer Sache sind, stellt sich weder die Frage nach dem GlĂŒck noch jene nach dem Sinn. Wir selbst sind dann der Sinn, nach dem GlĂŒck brauchen wir uns dabei nicht mehr umzusehen. Es stellt sich von selbst ein. Als Prozess: zum Beispiel, wenn der StĂ€rkere dem SchwĂ€cheren hilft.
”
”
Reinhold Messner (Über Leben)
“
Und erzĂ€hlen tat er, denn in seinen Adern floss der Wein des Berichtens, und der Himmel hatte gewollt, dass es seine Gewohnheit war, die Dinge der Welt zuerst sich selbst darzulegen, um sie zu verstehen, und danach den anderen kundzutun, in die Musik und das Licht der Literatur gekleidet, denn er erahnte, dass das Leben, wenn schon kein Traum, so doch zumindest eine Pantomime war, wo die grausame Ungereimtheit der Geschichte immer hinter den Kulissen floss, und zwischen Himmel und Erde gab es keine grĂ¶ĂŸere und wirksamere Rache, als die Schönheit und den Geist mit der Macht des Wortes zu meißeln, um hinter der Sinnlosigkeit der Dinge den Sinn zu finden.
”
”
Carlos Ruiz ZafĂłn (Der FĂŒrst des Parnass)
“
MĂŒtter, die nicht aus Überzeugung zuhause geblieben sind, ĂŒben oft den grĂ¶ĂŸten Druck auf die anderen MĂŒtter aus. Sie sind der eigentliche Treiber der RabenmĂŒtter-Diskussion, weil sie ihr Lebensmuster mit ZĂ€hnen und Klauen verteidigen. Das ist bei Frauen viel schlimmer als bei MĂ€nnern. Frauen sind da ihre grĂ¶ĂŸten Feindinnen. Und sie springen am hĂ€rtesten mit denen um, die das verwirklichen, was ihnen verwehrt geblieben ist, also Karrier zu machen. Sie sind nicht solidarisch. Bei Frauen, die gern zuhause bleiben, weil es ihr Ding ist, ist das ganz anders. Die sind entspannt, die leben ihr Leben. (Regine Stachelhaus, S. 90)
”
”
Annegret Kramp-Karrenbauer