Bis Bald Quotes

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Es geht die alte Sage, dass König Midas lange Zeit nach dem weisen Silen, dem Begleiter des Dionysus, im Walde gejagt habe, ohne ihn zu fangen. Als er ihm endlich in die Hände gefallen ist, fragt der König, was für den Menschen das Allerbeste und Allervorzüglichste sei. Starr und unbeweglich schweigt der Dämon; bis er, durch den König gezwungen, endlich unter gellem Lachen in diese Worte ausbricht: `Elendes Eintagsgeschlecht, des Zufalls Kinder und der Mühsal, was zwingst du mich dir zu sagen, was nicht zu hören für dich das Erspriesslichste ist? Das Allerbeste ist für dich gänzlich unerreichbar: nicht geboren zu sein, nicht zu sein, nichts zu sein. Das Zweitbeste aber ist für dich - bald zu sterben. According to the old story, King Midas had long hunted wise Silenus, Dionysus' companion, without catching him. When Silenus had finally fallen into his clutches, the king asked him what was the best and most desirable thing of all for mankind. The daemon stood still, stiff and motionless, until at last, forced by the king, he gave a shrill laugh and spoke these words: 'Miserable, ephemeral race, children of hazard and hardship, why do you force me to say what it would be much more fruitful for you not to hear? The best of all things is something entirely outside your grasp: not to be born, not to be, to be nothing. But the second-best thing for you — is to die soon.
Friedrich Nietzsche (An Attempt at Self-Criticism/Foreword to Richard Wagner/The Birth of Tragedy)
Vier Tage lang, bis zum 3. Februar, befand sich der Nautilus im Meer von Oman, mit verschiedener Schnelligkeit und in verschiedener Tiefe. Es schien, als fahre er aufs Geratewohl, als habe er über die Fahrt geschwankt; doch kam er nicht über den Wendekreis des Krebses hinaus. Indem wir dieses Meer verließen, bekamen wir einen Augenblick Mascat zu sehen, die bedeutendste Stadt im Land Oman. Ich bewunderte ihr seltsames Aussehen, mitten in einer Umgebung schwarzer Felsen weiße Häuser und Festungswerke in grellem Abstich. Ich sah die runden Kuppeln ihrer Moscheen mit den schlanken Spitzen ihrer Minarette, ihren Terrassen in frischem Grün. Aber es war nur ein Gesicht meiner Phantasie, denn der Nautilus tauchte bald unter die dunkeln Wellen dieser Gegenden.
Jules Verne (Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer Band 2)
Zu guter Letzt hielt ich es nicht mehr aus: mit den Jahren wuchs in mir das Bedürfnis nach Menschen, nach Freunden. Ich versuchte mich manchen zu nähern, aber stets waren die Beziehungen gekünstelt und gingen bald von selbst wieder ein. Einmal hatte ich sogar einen Freund, aber in meinem Herzen war ich schon ein Despot; ich wollte unbeschränkt über seine Seele herrschen; ich wollte ihm Verachtung für seine Umgebung einpflanzen; ich verlangte von ihm einen hochmütigen und endgültigen Bruch mit dieser Umgebung; ich erschreckte ihn mit meiner leidenschaftlichen Freundschaft. Ich brachte ihn bis zu Tränen, zu Krämpfen; er war eine naive und hingebungsvolle Seele, doch als er sich mir ganz ergeben hatte, begann ich ihn sofort zu hassen und verstieß ihn - ganz als ob ich ihn nur gebraucht hätte, um ihn zu besiegen, um ihn mir zu unterwerfen.
Fjodor Dostojewskij (Aufzeichnungen Aus Dem Kellerloch)
Aber bald hatte ich das eine, bald das andere der Zimmer wiedergesehen, die ich im Laufe meines Lebens bewohnt hatte, und das führte dazu, dass ich sie mir alle während der langen Gedankenspiele, die meinem Erwachen folgten, vergegenwärtigte; – winterliche Zimmer, in denen man, sobald man sich hingelegt hat, den Kopf in einem Nest birgt, das man sich aus den verschiedensten Dingen zusammengeklaubt hat: einem Zipfel des Kopfkissens, dem Rand der Bettdecke, dem Ende eines Schals, der Bettkante, und einer Ausgabe der Débats roses*, die man schließlich nach Art der Vögel* zusammenfügt, indem man sich unablässig gegen sie drückt; in denen man in Frostzeiten ein Vergnügen darin findet, sich von der Außenwelt abgeschnitten zu fühlen (wie die Seeschwalbe, die ihr Nest am Boden einer Senke in der Erdwärme anlegt), und in denen man, da das Kaminfeuer die ganze Nacht hindurch brennt, in einer weiten Umhüllung aus warmer und rauchiger Luft schläft, die das Flackern der feuerfangenden Scheite durchzuckt, in einer Art von nicht greifbarem Alkoven, einer warmen Höhle, ausgehoben aus dem Schoße des Zimmers, einer glühenden Zone unsteter Temperaturen, durchweht von Luftzügen, die uns das Antlitz erfrischen und aus den Ecken kommen, aus Stellen in der Nähe der Fenster oder aus solchen, die vom Feuer entfernt sind und schon erkaltet; – sommerliche Zimmer, in denen man mit der lauen Nacht verschmelzen möchte, in denen das Mondlicht, auf den halbgeöffneten Läden ruhend, an das Fußende des Bettes seine Zauberleiter wirft, in denen man so gut wie unter freiem Himmel schläft wie eine Meise, die auf der Spitze eines Halmes von der Brise gewiegt wird; – manchmal auch das Louis-Seize-Zimmer*, so heiter, dass ich dort sogar am ersten Abend nicht allzu unglücklich gewesen war, und in dem die kleinen Säulen, die graziös die Decke trugen, mit so viel Anmut [16] auseinanderwichen, um den Platz des Bettes zu bezeichnen und freizugeben; manchmal dagegen auch jenes kleine Zimmer mit zu hoher Decke, in Form einer Pyramide ausgehoben über zwei Stockwerke hinweg und teilweise mit Mahagoni verkleidet, in dem ich vom ersten Augenblick an von dem unbekannten Geruch des Vetiver seelisch vergiftet wurde, überzeugt wurde von der Feindseligkeit der violetten Vorhänge und der anmaßenden Gleichgültigkeit der Pendeluhr, die lauthals vor sich hin plapperte als sei ich gar nicht vorhanden; – in dem ein sonderbarer und gnadenloser rechteckiger Standspiegel, schräg in eine der Ecken des Zimmers gelehnt, sich unverfroren aus dem kostbaren Ganzen meines gewohnten Gesichtsfeldes ein nicht vorgesehenes Quartier aushob; – in dem mein Denken, nachdem es sich stundenlang bemüht hatte, sich zu verrenken, sich zu strecken, um die genaue Gestalt dieses Zimmers anzunehmen und schließlich seinen ungeheuren Trichter bis zu ganzer Höhe auszufüllen, eine Reihe zäher Nächte durchlitten hatte, während ich auf meinem Bett ausgestreckt dalag, die Augen emporgewandt, die Ohren verängstigt, die Nase widerwillig, das Herz klopfend: bis dann schließlich die Gewohnheit die Farbe der Vorhänge verändert, die Uhr zum Schweigen gebracht, den schrägen und grausamen Spiegel Mitleid gelehrt, den Geruch des Vetiver* wenn auch nicht gänzlich vertrieben, so doch gemildert, und vor allem die offenkundige Höhe der Decke verringert haben würde.
Marcel Proust (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Band 1: Auf dem Weg zu Swann)
Der Junge, der Träume schenkte: Roman (German Edition) by Luca Di Fulvio You have 162 highlighted passages You have 1 note Last annotated on October 13, 2014 Und sie, die Mutter, hörte den Gutsherrn lachen, bis seine Stimme sich in der Staubwolke hinter dem Wagen verlor. Cetta nämlich – das sagte jeder, der Gutsherr jedoch ein wenig zu oft – war ein wirklich hübsches Mädchen und würde gewiss einmal eine bildschöne junge Frau werden.Read more at location 47 Add a note Im Frühsommer sagte die Mutter zur Tochter, sie könne nun wieder genesen. Ganz langsam, um keinen Verdacht zu erregen. Cetta war dreizehn Jahre alt und hatte sich entwickelt. Doch das Jahr als Krüppel hatte sie ein wenig zum Krüppel gemacht. Und nie wieder, auch nicht, als sie erwachsen war, sollte es ihr gelingen, vollkommen gerade zu gehen. Sie lernte, ihren Makel zu überspielen, aber sie richtete sich nie mehr ganz auf. Die linke Brust war ein wenig kleiner als die rechte, die linke Schulter ein wenig gekrümmter als die rechte, der linke Oberschenkel ein wenig gedrungener als der rechte. Zudem war das gesamte Bein, das ein Jahr lang die Schulter nach unten gezogen hatte, steif geworden, oder die Sehnen hatten sich verhärtet, wodurch das Mädchen ein wenig zu hinken schien.Read more at location 69 Add a note Aus dem Augenwinkel konnte sie beobachten,Read more at location 98 Add a note wie die Männer das geschnittene Getreide beiseiteschoben und schließlich lachend erkannten, wer das ungewöhnliche Geräusch verursachte. Die Frauen, die sich dem Schauplatz genähert hatten, taten verlegen und schlugen sich die von weißen Spitzenhandschuhen verhüllten Hände vor den Mund, um ein Kichern zu unterdrücken, bevor alle wieder davonspazierten, da es bald Zeit für das Mittagessen war.Read more at location 98 Add a note Brot und einem Schluck Wasser zu ihr zurückkommen, und lachend erklärte, sie beide würden viel Spaß miteinander haben. Und erst als Cetta hörte, wie die eiserne Luke von außen geschlossen wurde, trat sie vom Bullauge zurück und wischte sich mit dem Stroh, das auf dem Boden des Frachtraumes ausgestreut war, die Beine ab, bis sie ganz zerkratzt waren. Sie nahm Natale auf den Arm, entblößte die von den Händen des Kapitäns noch gerötete Brust und gab sie dem Jungen. Als das Kind danach in seinem stinkenden Hundekorb langsam in den Schlaf fiel, verkroch Cetta sich in eine dunklere Ecke, und während ihr die Tränen über die Wangen liefen, dachte sie: Sie sind salzig wie das Meer, das zwischen mir und Amerika liegt. Sie sind ein Vorgeschmack auf den Ozean, und sie leckte sie auf und versuchte, dabei zu lächeln.Read more at location 136 Add a note Mit Blick auf den Laden lehnte er sich gegen die Wand und lachte. Sein Lachen klang nicht wie das eines Erwachsenen, aber auch nicht wie das eines Kindes. Ebenso wie seine blonden Haare nicht zu einem Italiener passten und seine dunklen Augen nicht zu einem Iren. Ein Junge mit einem Niggernamen, der nicht so recht wusste, wer er war. »Die Diamond Dogs«, murmelte er und grinste zufrieden vor sich hin.Read more at location 237 Add a note »Das kostet ... das kostet fünf Cent ...« Lachend zuckte Christmas die Schultern. »Geld. Ist doch nur Geld. Reicht doch, wenn man’s hat, oder?«Read more at location 276 Add a note Der Anwalt sagte etwas und blickte auf Cetta, die den Jungen im Arm hielt, der eben erst von dem Inspektor der Einwanderungsbehörde auf den Namen Christmas getauft worden war. »Um dich können wir uns kümmern«, übersetzte der andere. »Aber das Kind könnte ein Problem sein.« Ohne den Blick niederzuschlagen, drückte Cetta ihren Sohn an sich und schwieg. Der Anwalt rollte die Augen zur Decke, bevor er erneut sprach. »Wie willst du mit dem Jungen arbeiten?«, übersetzte wieder der andere. »Wir bringen ihn an einen Ort, an dem er in Ruhe aufwächst.«Read more at location 320 Add a note
Luca Di Fulvio
Als Knabe trug ich außer Ruten, Gesträuchen und Blüten, die mich ergötzten, auch noch andere Dinge nach Hause, die mich fast noch mehr freuten, weil sie nicht so schnell Farbe und Bestand verloren wie die Pflanzen, nämlich allerlei Steine und Erddinge. Auf Feldern, an Rainen, auf Haiden und Hutweiden, ja sogar auf Wiesen, auf denen doch nur das hohe Gras steht, liegen die mannigfaltigsten dieser Dinge herum. Da ich nun viel im Freien herum schweifen durfte, konnte es nicht fehlen, daß ich bald die Plätze entdeckte, auf denen die Dinge zu treffen waren, und daß ich die, welche ich fand, mit nach Hause nahm. Da ist an dem Wege, der von Oberplan nach Hossenreuth führt, ein geräumiges Stück Rasen, welches in die Felder hinein geht und mit einer Mauer aus losen Steinen eingefaßt ist. In diesen Steinen stecken kleine Blättchen, die wie Silber und Diamanten funkeln, und die man mit einem Messer oder mit einer Ahle herausbrechen kann. Wir Kinder hießen diese Blättchen Katzensilber, und hatten eine sehr große Freude an ihnen. Auf dem Berglein des Altrichters befindet sich ein Stein, der so fein und weich ist, daß man ihn mit einem Messer schneiden kann. Die Bewohner unserer Gegend nennen ihn Taufstein. Ich machte Täfelchen, Würfel, Ringe und Petschafte aus dem Steine, bis mir ein Mann, der Uhren, Barometer und Stammbäume verfertigte und Bilder lackierte, zeigte, daß man den Stein mit einem zarten Firnisse anstreichen müsse, und daß dann die schönsten blauen, grünen und rötlichen Linien zum Vorscheine kämen. Wenn ich Zeit hatte, legte ich meine Schätze in eine Reihe, betrachtete sie, und hatte mein Vergnügen an ihnen. Besonders hatte die Verwunderung kein Ende, wenn es auf einem Steine so geheimnisvoll glänzte und leuchtete und äugelte, daß man es gar nicht ergründen konnte, woher denn das käme. Freilich war manchmal auch ein Stück Glas darunter, das ich auf den Feldern gefunden hatte, und das in allerlei Regenbogenfarben schimmerte. Wenn sie dann sagten, das sei ja nur ein Glas, und noch dazu ein verwitterndes, wodurch es eben diese schimmernden Farben erhalten habe, so dachte ich: Ei, wenn es auch nur ein Glas ist, so hat es doch die schönen Farben, und es ist zum Staunen, wie es in der kühlen, feuchten Erde diese Farben empfangen konnte, und ich ließ es unter den Steinen liegen.
Adalbert Stifter
Der stigmatisierte Weg eines Menschen. Man wächst auf, betritt die Schule, stellt zur Hoffnung der Eltern keinen Unfug an und schreibt gute Noten. Man verlässt das starre Gebäude, namens Bildungsanstalt, mit weniger Wissen über das Leben, als man sollte, startet eine Karriere, geht mit unter ernsthafte Beziehung ein, oder vertieft Bestehende, die erste eigene Wohnung, man setzt Kinder in die Welt, am besten noch bevor man dreißig ist, alles andere wäre egoistisch, zum Glück ist bald Wochenende, die Kinder werden immer älter, viel zu schnell, und wollen immer gut versorgt werden, hier ein Urlaub, da ein Geschenk, mit Bedacht nie den eigenen Partner vergessen, obwohl es im Bett schon lange nicht mehr funkt, schließlich ziehen die Kinder aus und betreten ihr eigenes Hamsterrad, womöglich steht nun mitunter die erste Midlife-Crisis an, eine Trennung oder ein Betrug oder beides, zum Glück nicht mehr lange bis zur Rente, die ein oder anderen Krankheit und Operationen überstanden, erreicht man endlich den Ruhestand. Mit Glück bleiben einem ein paar wenige Wochen ohne Krankheit, mit einem geliebten Menschenkreis, der womöglich immer wieder erweitert wird, bis dann schließlich das Licht ausgeht. Nichts daran ist falsch. Es ist nicht falsch solch ein Leben zu wollen, womöglich sogar einfach und mit viel unbeschwerlichem Glück verbunden. Jedoch ist dies nur ein Weg von vielen Abertausenden. Natürlich gibt es Grenzen. Ein Mörder, Rassist oder Sonstiges ist kein guter Mensch, der sein Leben lediglich frei entfalten will. Wie so oft gesagt, endet die eigene Freiheit, bei der Einengung der Freiheit anderer.
Spencer Hill, Krieg zwischen den Welten - Das zweite Gesicht
Ihr alle kennt die wilde Schwermut, die uns bei der Erinnerung an Zeiten des Glücks ergreift. Wie unwiderruflich sind sie doch dahin, und unbarmherziger sind wir von ihnen getrennt, als durch alle Entfernungen. Auch treten im Nachglanz die Bilder lockender hervor; wir denken an sie wie an den Körper einer toten Geliebten zurück, der tief in der Erde ruht und der uns nun gleich einer Wüstenspiegelung in einer höheren und geistigeren Pracht erschauern lässt. Und immer wieder tasten wir in unseren durstigen Träumen dem Vergangenen in jeder Einzelheit, in jeder Falte nach. Dann will es uns scheinen, als hätten wir das Maß des Lebens und der Liebe nicht bis zum Rande gefüllt gehabt, doch keine Reue bringt das Versäumte zurück. O möchte dieses Gefühl uns doch für jeden Augenblick des Glückes eine Lehre sein! Und süßer noch wird die Erinnerung an unsere Mond- und Sonnenjahre, wenn jäher Schrecken sie beendete. Dann erst begreifen wir, wie sehr es schon ein Glücksfall für uns Menschen ist, wenn wir in unseren kleinen Gemeinschaften dahinleben, unter friedlichem Dach, bei guten Gesprächen und mit liebevollem Gruß am Morgen und zur Nacht. Ach, stets zu spät erkennen wir, dass damit schon das Füllhorn reich für uns geöffnet war. Wisst Ihr, nicht die Schmerzen dieses Lebens, doch sein Übermut und seine wilde Fülle bringen, wenn wir uns an sie erinnern, uns den Tränen nah. Wenn wir zufrieden sind, genügen unseren Sinnen auch die kargsten Spenden dieser Welt. Und doch kommt alles Köstliche uns nur durch Zufall - das Beste geben die Götter uns umsonst. Leider kommt es, dass auf unbekannten Bahnen uns das Maß verlorengeht. Die Menschenordnung gleicht dem Kosmos darin, dass sie von Zeit zu Zeiten, um sich von neuem zu gebären, ins Feuer tauchen muss. Die Nähe des guten Lehrers gibt uns ein, was wir im Grunde wollen, und sie befähigt uns, wir selbst zu sein. Daher lebt uns das edle Vorbild tief im Herzen, weil wir an ihm erahnen, wessen wir fähig sind. Dies sei der Sinn des Lebens - die Schöpfung im Vergänglichen zu wiederholen, so wie das Kind im Spiel das Werk des Vaters wiederholt. Das sei der Sinn von Saat und Zeugung, von Bau und Ordnung, von Bild und Dichtung, dass in ihnen das große Werk sich künde wie in Spiegeln aus buntem Glase, das gar bald zerbricht. So leerten wir das Glas auf alte und ferne Freunde und auf die Länder dieser Welt. Uns alle fasst ja ein Bangen, wenn die Lüfte des Todes wehen. Dann essen und trinken wir im Sinnen, wie lange an diesen Tafeln noch Platz für uns bereitet ist. Denn die Erde ist schön. Und sollte die Erde wie ein Geschoss zerspringen Ist unsere Wandlung Feuer und weiße Glut. Doch müssen wir ja von jeder Stätte weichen, die uns auf Erden Herberge gab. Und doch dürfen wir auf dieser Erde nicht auf Vollendung rechnen, und glücklich ist der zu preisen, dessen Wille nicht allzu schmerzhaft in seinem Streben lebt. Es wird kein Haus gebaut, kein Plan geschaffen, in welchem nicht der Untergang als Grundstein steht, und nicht in unseren Werken ruht, was unvergänglich in uns lebt.
Ernst Jünger
Die Sprache ist ja nicht nur, was sie ist (sie ist ganz bestimmt nicht, was Duden aus ihr machen möchte, und noch weniger ist sie, wozu unsere hundsföttischen Reformer, von denen Sie wohl bald noch erfahren werden, sie im Augenblick gerade wieder erniedrigen möchten), sondern sie ist auch, was der Einzelne aus ihr macht. So ein Einzelner sind Sie. [...] Geändert habe ich entschlossen »möglich viel« in »möglichst viel«. Sie haben ganz recht, daß man »möglich«, logisch gesehen, nicht steigern kann. Aber die Sprache ist liebenswürdiger als die Logik. Ich habe keine Erklärung dafür, warum ausgerechnet dieses adverbiell gebrauchte Möglich gesteigert wird, denn alle anderen vergleichbaren Beispiele, die mir einfallen, werden nicht gesteigert (bedeutend, entscheidend, rechtschaffen usw.). Könnte es nicht sein, daß die Steigerung über die Negation, also über »unmöglich« in die Sprache eingedrungen ist? Denn offensichtlich fällt es leicht zu sagen: das und das ist mir unmöglich, noch unmöglicher erscheint mir das und das, aber das Unmöglichste ist mir das und das. Also, was am Ende durch Goethe und andere, die nur wenig schlechter waren, Sprache geworden ist, das darf man schon akzeptieren.
Walter Boehlich (»Ich habe meine Skepsis, meine Kenntnisse und mein Gewissen.«: Briefe 1994 bis 2000: Briefe 1944 bis 2000)
Der Urwald Es ist ein Land voll träumerischem Trug, Auf das die Freiheit im Vorüberflug Bezaubernd ihren Schatten fallen läßt, Und das ihn hält in tausend Bildern fest; Wohin das Unglück flüchtet ferneher Und das Verbrechen zittert übers Meer; Das Land, bei dessen lockendem Verheißen Die Hoffnung oft vom Sterbelager sprang Und ihr Panier durch alle Stürme schwang, Um es am fremden Strande zu zerreißen Und dort den zwiefach bittern Tod zu haben; Die Heimat hätte weicher sie begraben! – In jenem Lande bin ich einst geritten Den Weg, der einen finstern Wald durchschnitten; Die Sonne war geneigt im Untergang, Nur leise strich der Wind, kein Vogel sang. Da stieg ich ab, mein Roß am Quell zu tränken, Mich in den Blick der Wildnis zu versenken. Vermildernd schien das helle Abendrot Auf dieses Urwalds grauenvolle Stätte, Wo ungestört das Leben mit dem Tod Jahrtausendlang gekämpft die ernste Wette. Umsonst das Leben hier zu grünen sucht, Erdrücket von des Todes Überwucht, Denn endlich hat der Tod, der starke Zwinger, Die Faust geballt, das Leben eingeschlossen, Es sucht umsonst, hier, dort hervorzusprossen Durch Moderstämme, dürre Todesfinger. Wohin, o Tod, wirst du das Pflanzenleben In deiner starken Faust und meines heben? Wirst du sie öffnen? wird sie ewig schließen? So frug ich bange zweifelnd und empfand Im Wind das Fächeln schon der Todeshand Und fühlt es kühler schon im Herzen fließen. Und lange lag ich auf des Waldes Grund, Das Haupt gedrückt ins alte, tiefe Laub, Und starrte, trauriger Gedanken Raub, Dem Weltgeheimnis in den finstern Schlund. Wo sind die Blüten, die den Wald umschlangen, Wo sind die Vögel, die hier lustig sangen? Nun ist der Wald verlassen und verdorrt, Längst sind die Blüten und die Vögel fort. So sind vielleicht gar bald auch mir verblüht Die schönen Ahndungsblumen im Gemüt; Und ist der Wuchs des Lebens mir verdorrt, Sind auch die Vögel, meine Lieder, fort; Dann bin ich still und tot, wie dieser Baum, Der Seele Frühling war, wie seiner – Traum. Als einst der Baum, der nun in Staub verwittert, So sehnsuchtsvoll empor zum Lichte drang Und seine Arme ihm entgegen rang, Als nach dem Himmel jedes Blatt gezittert, Und als er seinen süßen Frühlingsduft Beseelend strömte weithin in die Luft – Schien nicht sein schönes Leben wert der Dauer, Und starb es hin, ists minder wert der Trauer, Als mein Gedanke, der sich ewig wähnt? Als meine Sehnsucht, die nach Gott sich sehnt? – So lag ich auf dem Grunde schwer beklommen, Dem Tode nah, wie nie zuvor, gekommen; Bis ich die dürren Blätter rauschen hörte Und mich der Huftritt meines Rosses störte; Es schritt heran zu mir, als wollt es mahnen Mich an die Dämmerung und unsre Bahnen; Ich aber rief: »Ists auch der Mühe wert, Noch einmal zu beschreiten dich, mein Pferd?« Es blickt' mich an mit stiller Lebenslust, Die wärmend mir gedrungen in die Brust, Und ruhebringend wie mit Zaubermacht. Und auf den tief einsamen Waldeswegen Ritt ich getrost der nächsten Nacht entgegen, Und der geheimnisvollen Todesnacht.
Nikolaus Lenau (Die Gedichte (German Edition))