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Und er hätte sich im beruhigenden Glauben wiegen können, er sei allein auf der dunklen oder vom kalten Mondlicht beschienenen Welt, wenn nicht der feine Kompaß ihn eines Besseren belehrt hätte.
Auch nachts gab es Menschen. Auch in den entlegensten Gebieten gab es Menschen. Sie hatten sich nur in ihre Schlupfwinkel zurückgezogen, wie die Ratten und schliefen. Die Erde war nicht rein von ihnen, denn selbst im Schlaf dünsteten sie ihren Geruch aus, der durch die offenen Fenster und durch die Ritzen ihrer Behausungen hinaus ins Freie drängte und die sich scheinbar selbst überlassene Natur verpestete. Je mehr sich Grenouille an die reinere Luft gewähnt hatte, desto empfindlicher traf ihn so ein Menschengeruch, der plötzlich, völlig unerwartet, nächtens daherflatterte, scheußlich wie Odelgestank, und die Anwesenheit irgendeiner Hirtenunterkunft oder einer Köhlerkate oder einer Räuberhöhle verriet. Und er flüchtete weiter, immer sensibler reagierend auf den immer seltener werdenden Geruch des Menschlichen. So führte ihn seine Nase in immer abgelegenere Gegenden des Landes, entfernte ihn immer weiter von den Menschen und trieb ihn immer heftiger dem Magnetpol der größtmöglichen Einsamkeit entgegen.
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Patrick SĂĽskind (Das Parfum: Die Geschichte Eines Morders (Fiction, Poetry & Drama) (German Edition) by Patrick Suskind(2005-09-15))