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Oft saß ich, wie vor einem Jahr, auf der Hausbank und sah über die Wiese hin. Sie war nicht anders als damals, und sie roch ebenso süß, aber ich geriet nie mehr in das alte Entzücken darüber. Ich sägte fleißig mein Fallholz, und es blieb mir viel Zeit, um mit Luchs in den Wald zu gehen. Ich unternahm aber keine großen Ausflüge mehr, denn ich hatte schon im letzten Sommer meine Grenzen gezogen. Es war mir gleichgültig geworden, wo die Wand verlief, und ich hatte keine Lust, noch zehn weitere verfallene Holzknechthütten zu finden, in denen es nach Mäusen roch. Die Brennesseln würden jetzt auch schon durch die geborstenen Türen in die Hütten eingedrungen sein und in jeder Ritze wuchern. Lieber ging ich nur so zu meiner Freude mit Luchs durch den Wald. Es war besser für mich, als untätig auf der Bank zu sitzen und über die Wiese hinzuschauen. Das gleichmäßige Dahingehen auf den alten Pfaden, die schon anfingen zuzuwachsen, besänftige mich immer aufs neue, und vor allem war es eine tägliche Freude für Luchs. Jeder Ausflug war für ihn ein großes Abenteuer. Ich redete damals sehr viel mit ihm, un er verstand fast alles, was ich sagte, dem Sinn nach. Wer weiß, vielleicht verstand er auch schon mehr Wörter als ich dachte. In jenem Sommer vergaß ich ganz, daß Luchs ein Hund war und ich ein Mensch. Ich wußte es, aber es hatte jede trennende Bedeutung verloren. Auch Luchs hatte sich verändert. Seit ich mich soviel mit ihm befaßte, war er ruhiger geworden und schien nicht dauernd zu befürchten, ich könnte mich, sobald er fünf Minuten wegging, in Luft auflösen. Wenn ich heute darüber nachdenke, glaube ich, daß dies die einzige große Angst seines Hundelebens war, allein zurückgelassen zu werden. Ich hatte auch eine Menge dazugelernt und verstand fast jede seiner Bewegungen und Laute. Jetzt endlich herrschte zwischen uns ein stillschweigendes Verstehen.
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