Ein Wenig Leben Quotes

We've searched our database for all the quotes and captions related to Ein Wenig Leben. Here they are! All 75 of them:

Ich dachte, ein neues Leben wäre leichter, aber es wurde nie leichter. Es ist ganz gleich, ob wir Apotheker oder Tischler oder Schriftsteller sind. Die Regeln sind immer ein wenig anders, aber die Fremdheit bleibt und die Einsamkeit und alles andere auch.
Ferdinand von Schirach (Strafe)
Ich fragte mich, wie es weitergehen würde, und war beängstigt, aber auch fasziniert von der Antwort, dass ich es einfach nicht wusste. Ich wusste nur, dass ich das ganze letzte Jahr ziemlich nah am Abgrund gewesen war. Doch es gibt Fehler, die notwendig sind. Manchmal muss man ein kleines bisschen sterben, um wieder ein wenig mehr zu leben.
Benedict Wells (Spinner)
Das heiße Wetter lockt Schlangen und Sklavenhalter gleichermaßen hervor und ich kann die eine Gattung von giftigen Kreaturen so wenig leiden wie die andere.
Harriet Ann Jacobs (Erlebnisse aus dem Leben eines Sklavenmädchens (Ungekürzte Gesamtausgabe) (German Edition))
Du betrachtest das, was mit uns geschieht, ein wenig wie eine Krankheit. Wenn es eine ist, dann will ich nicht gesund werden. Der Gedanke, dass es Dich irgendwo gibt, und dass du manchmal an mich denkst, hilft mir zu leben.
Benoîte Groult (Zout op mijn huid)
Der freie Mensch denkt über nichts weniger nach als über den Tod: seine Weisheit ist nicht ein Nachsinnen über den Tod, sondern über das Leben.
Baruch Spinoza (Ethics)
Berge sollte man mit möglichst wenig Anstrengung und ohne Ehrgeiz ersteigen. Unsere eigene Natur sollte das Tempo bestimmen. Wenn man unruhig wird, geht man schneller. Wenn man zu keuchen anfängt, geht man langsamer. Man steigt auf den Berg in einem Zustand, in dem sich Rastlosigkeit und Erschöpfung die Waage halten. Dann, wenn man nicht mehr in Gedanken vorauseilt, ist jeder Schritt nicht mehr bloß ein Mittel zum Zweck, sondern ein einmaliges Ereignis. Dieses Blatt ist gezähnt. Dieser Felsen scheint locker. Von dieser Stelle aus ist der Schnee nicht mehr so gut zu sehen, obwohl man ihm schon näher ist. Das sind Dinge, die man ohnehin wahrnehmen sollte. Nur auf irgendein zukünftiges Ziel hin zu leben ist seicht. Die Flanken des Berges sind es, auf denen Leben gedeiht, nicht der Gipfel. Hier wächst etwas.
Robert M. Pirsig (Zen and the Art of Motorcycle Maintenance: An Inquiry Into Values (Phaedrus, #1))
Ich wusste nur, dass ich ds ganze letzte Jahr ziemlich nah am Abgrund gewesen war. Doch es gibt Fehler, die notwendig sind. Manchmal muss man ein kleines bisschen sterben, um wieder ein wenig mehr zu leben.
Benedict Wells (Spinner)
Da taeuscht du dich. Hier liegen die Erinnerungen Hunderter von Menschen, ihre Leben, Gefühle, Illusionen, ihre Abwesenheit, die Traeume, die sie nie verwirklichen konnten, die Enttaeuschungen, Irrtuemer und unerwiderten Lieben, die ihnen das Leben vergiftet haben. All das ist hier - auf immer festgehalten." Ich schaute sie neugierig und ein wenig befangen an, ich wusste nicht genau, wovon sie eigentlich sprach. Für sie war es jedenfalls wichtig. "Man kann vom Leben nichts verstehen, solange man den Tod nicht versteht", sagte sie.
Carlos Ruiz Zafón (Marina)
Wenn das Leben eine Illusion ist, dann bin ich es nicht weniger, und somit ist die Illusion für mich Wirklichkeit.
Robert E. Howard (The Coming of Conan the Cimmerian (Conan the Cimmerian, #1))
Ich würde meinem Freund so gerne ein wenig beim Leben zusehen, aber ich bin immer so nah bei ihm, dass ich ihn gar nicht mehr sehen kann.
Sarah Kuttner (Wachstumsschmerz)
„Der Propagandaminister -- Herr über das geistige Leben eines Millionenvolkes -- humpelte behende durch die glänzende Menge, die sich vor ihm verneigte. Eine eisige Luft schien zu wehen, wo er vorbeiging. Es war, als sei eine böse, gefährliche, einsame und grausame Gottheit herniedergestiegen in den ordinären Trubel genusssüchtiger, feiger und erbärmlicher Sterblicher. Einige Sekunden lang war die ganze Gesellschaft wie gelähmt vor Entsetzen. Die Tanzenden erstarrten mitten in ihrer anmutigen Pose, und ihr scheuer Blick hing, zugleich demütig und hassvoll, an dem gefürchteten Zwerg. Der versuchte durch ein charmantes Lächeln, welches seinen mageren, scharfen Mund bis zu den Ohren hinaufzerrte, die schauerliche Wirkung, die von ihm ausging, ein wenig zu mildern; er gab sich Mühe, zu bezaubern, zu versöhnen und seine tief liegenden, schlauen Augen freundlich blicken zu lassen. Seinen Klumpfuß graziös hinter sich her ziehend, eilte er gewandt durch den Festsaal und zeigte dieser Gesellschaft von zweitausend Sklaven, Mitläufern, Betrügern, Betrogenen und Narren sein falsches, bedeutendes Raubvogelprofil.
Klaus Mann (Mephisto)
Die größte Gnade auf dieser Welt ist, so scheint es mir, das Nichtvermögen des menschlichen Geistes, all ihre inneren Geschehnisse miteinander in Verbindung zu bringen. Wir leben auf einem friedlichen Eiland des Ungewissens inmitten schwarzer Meere der Unendlichkeit, und es ist uns nicht bestimmt, diese weit zu bereisen. Die Wissenschaften - deren jede in eine eigene Richtung zielt - haben uns bis jetzt wenig gekümmert; aber eines Tages wird das Zusammenfügen der einzelnen Erkenntnisse so erschreckende Aspekte der Wirklichkeit eröffnen, dass wir durch diese Enthüllung entweder dem Wahnsinn verfallen oder uns aus dem tödlichen Licht in den Frieden und die Sicherheit eines neuen, dunklen Zeitalters fliehen werden.
H.P. Lovecraft (Cthulhu Geistergeschichten)
Es war einmal ein Mensch, der wurde geboren, lebte, und aus dem einen oder anderen Grunde starb er schließlich. Bitte schön. Die Einzelheiten möge man aus der eigenen Anschauung ergänzen. So wenig originell wie nur je eine Geschichte, so einzigartig wie nur je ein Leben.
Neil Gaiman (American Gods)
Die Welt, wie sie sein sollte. Vollkommen und sinnhaft auch im Schmerz, in der Tragödie. Danach hatte er gestrebt: Er hatte dem Leben einen Sinn verleihen und es weniger zufällig machen wollen. Denn die Vollkommenheit bestand nicht darin, Erfolg zu haben, etwas zu schaffen oder einen Traum wahr zu machen, sondern in der Sinnhaftigkeit. So hatten in seiner Geschichte auch die Bösen ihren Sinn gefunden. Und jedes Leben war mit den Anderen verwoben wie die Fäden eines Spinnennetzes, die sich alle miteinander zu einem übergeordneten Ganzen verbanden.
Luca die Fulvio
Ich bin ein Träumer: ich habe so wenig vom wirklichen Leben, und Augenblicke, wie die eben erlebten, sind für mich etwas so Seltenes, daß ich sie in meinen Träumen und Gedanken immer von neuem durchkosten muß. Ich werde diese ganze Nacht an Sie denken, eine ganze Woche, ein ganzes Jahr.
Fjodor Dostojewski (Weiße Nächte)
Wenn ich heute an die Frau denke, die ich einmal war, die Frau mit dem kleinen Doppelkinn, die sich sehr bemühte, jünger auszusehen, als sie war, empfinde ich wenig Sympathie für sie. Ich möchte aber nicht zu hart über sie urteilen. Sie hatte ja nie eine Möglichkeit, ihr Leben bewußt zu gestalten.
Marlen Haushofer (The Wall)
Im Grunde wissen in den Jahren der Lebensmitte wenig Menschen mehr, wie sie eigentlich zu sich selbst gekommen sind, zu ihren Vergnügungen, ihrer Weltanschauung, ihrer Frau, ihrem Charakter, Beruf und ihren Erfolgen, aber sie haben das Gefühl, daß sich nun nicht mehr viel ändern kann. Es ließe sich sogar behaupten, daß sie betrogen worden seien, denn man kann nirgends einen zureichenden Grund dafür entdecken, daß alles gerade so kam, wie es gekommen ist; es hätte auch anders kommen können; die Ereignisse sind ja zum wenigsten von ihnen selbst ausgegangen, meistens hingen sie von allerhand Umständen ab, von der Laune, dem Leben, dem Tod ganz anderer Menschen, und sind gleichsam bloß im gegebenen Zeitpunkt auf sie zugeeilt. So lag in der Jugend das Leben noch wie ein unerschöpflicher Morgen vor ihnen, nach allen Seiten voll von Möglichkeiten und Nichts, und schon am Mittag ist mit einemmal etwas da, das beanspruchen darf, nun ihr Leben zu sein, und das ist im ganzen doch so überraschend, wie wenn eines Tags plötzlich ein Mensch dasitzt, mit dem man zwanzig Jahre lang korrespondiert hat, ohne ihn zu kennen, und man hat ihn sich ganz anders vorgestellt. Noch viel sonderbarer aber ist es, daß die meisten Menschen das gar nicht bemerken; sie adoptieren den Mann, der zu ihnen gekommen ist, dessen Leben sich in sie eingelebt hat, seine Erlebnisse erscheinen ihnen jetzt als der Ausdruck ihrer Eigenschaften, und sein Schicksal ist ihr Verdienst oder Unglück.
Robert Musil
Der gute Kampf ist der, den wir im Namen unserer Träume führen. Wenn sie mit aller Macht in unserer Jugend aufflammen, haben wir zwar viel Mut, doch wir haben noch nicht zu kämpfen gelernt. Wenn wir aber unter vielen Mühen zu kämpfen gelernt haben, hat uns der Kampfesmut verlassen. Deshalb wenden wir uns gegen uns selber und werden zu unseren schlimmsten Feinden. Wir sagen, dass unsere Träume Kindereien, zu schwierig zu verwirklichen seien oder nur daher rührten, dass wir von den Realitäten des Lebens keine Ahnung hätten. Wir töten unsere Träume, weil wir Angst davor haben, den guten Kampf aufzunehmen. [...] Das erste Symptom, dass wir unsere Träume töten, ist, dass wir nie Zeit haben. Die meistbeschäftigen Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, waren zugleich auch die, die immer für alles Zeit hatten. Diejenigen, die nichts taten, waren immer müde, bemerkten nicht, wie wenig sie schafften, und beklagten sich ständig darüber, dass der Tag zu kurz sei. In Wahrheit hatten sie Angst davor, den guten Kampf zu kämpfen. Das zweite Symptom dafür, dass unsere Träume tot sind, sind unsere Gewissheiten. Weil wir das Leben nicht als ein grosses Abenteuer sehen, das es zu leben gilt, glauben wir am Ende, dass wir uns dem wenigen, was wir vom Leben erbeten haben, weise, gerecht und korrekt verhalten. {...] Das dritte Symptom für den Tod unserer Träume ist schließlich der Friede. Das Leben wird zu einem einzigen Sonntagnachmittag, verlangt nichts Grosses von uns, will nie mehr von uns, als wir zu geben bereit sind. Wir halten uns dann für reif, glauben, dass wir unsere kindischen Phantasien überwunden und die Erfüllung auf persönlicher und beruflicher Ebene erlangt haben. Wir reagieren überrascht, wenn jemand in unserem Alter sagt, dass er noch das oder jenes vom Leben erwartet. Aber in Wahrheit, ganz tief im Inneren unserer Herzens, wissen wir, dass wir es in Wirklichkeit nur aufgegeben haben, um unsere Träume zu kämpfen, den guten Kampf zu führen.
Paulo Coelho
Ich erinnere mich sehr gut, wie wenig Phantasie die meisten Menschen besaßen. Wahrscheinlich war das ein Glück für sie. Phantasie macht den Menschen überempfindlich, verletzbar und ausgeliefert. Vielleicht ist sie überhaupt eine Entartungserscheinung. Ich habe den Phantasielosen ihren Mangel nie angekreidet, manchmal habe ich sie sogar um ihn beneidet. Sie hatten ein leichteres und angenehmeres Leben als die anderen.
Marlen Haushofer (The Wall)
Noch niemand ward von seinem Genius in die Irre geführt. Mag das Ergebnis auch körperliche Schwäche sein, so kann doch vielleicht niemand sagen, dass die Folgen zu bedauern seien, denn dieses Leben war höheren Grundsätzen gemäß. Wenn uns Tag und Nacht so erscheinen, dass wir sie mit Freude begrüßen, wenn das Leben einen Duft ausströmt wie Blumen und würzige Kräuter, wenn es spannkräftiger, sternenreicher und mehr unsterblich wird – dann ist dies unser Erfolg. Die ganze Natur beglückwünscht uns, und wir haben Grund, uns einen Augenblick lang selig zu preisen. Die reichsten Gewinste, die höchsten Werte, werden am seltensten geschätzt. Wir kommen nur zu leicht dahin, an ihrem Dasein zu zweifeln. Wir vergessen sie bald. Und doch sind sie höchste Wirklichkeit… Die wahre Ernte meines täglichen Lebens ist etwas so Unfassbares, Unbeschreibliches wie Himmelsfarben am Morgen und Abend. Ein wenig Sternenstaub, ein Stückchen Regenbogen – das ist alles.
Henry David Thoreau (Walden)
Was das Leben sonst auch sein mag, auf der Ebene der Chemie ist es erstaunlich profan: Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff, ein wenig Calcium, ein Schuss Schwefel, eine kleine Prise von ein paar anderen ganz gewöhnlichen Elementen - nichts, was man nicht in jeder normalen Apotheke finden würde -, das ist alles, was man braucht. Das einzig Besondere an den Atomen, die Sie bilden, besteht darin, dass sie Sie bilden. Und das ist natürlich das Wunder des Lebens.
Bill Bryson
Noch nie im Leben hatte sie einen Seidenstrumpf gesehen. Damals in jenem bewussten Jahr, hatte sie, wenn sie besonders schön sein wollte, einen weißen, ganz dünn gestrickten Zwirnstrumpf unter ihre schwarzen Spangenschuhe gezogen ... aber dieser Strumpf war eigentlich nur eine symbolische Handlung gewesen, denn genauso wenig wie einer jener mächtigen Unterröcke mit Volants war der weiße Strumpf je unter den langen Röcken zum Vorschein gekommen. Junge Mädchen hatten nur Fußspitzen.
Else Hueck-Dehio (Ja, damals. Zwei heitere estländische Geschichten)
Unsereiner ist mit wenig zufrieden, und doch wieder bloß mit dem Höchsten. Zwischen Schmerzen und Verzweiflung und würgendem Lebensekel immer wieder für einen heiligen Augenblick auf die Frage nach dem Sinn dieses so schwer erträglichen Lebens ein Ja zu hören, werde es auch im nächsten Augenblick schon wieder von der trüben Flut überspühlt, das genügt uns, davon leben wir wieder eine ganze Weile weiter, und leben nicht nur, ertragen das Leben nicht nur, sondern lieben und preisen es.
Hermann Hesse (Die Nürnberger Reise)
In diesen Jahren hatte ich in Israel keine Menschenseele. Doch solche verborgenen Gerechten erschienen gerade in den Momenten, in denen die Verzweiflung mich unterzukriegen drohte. Ich bin dem einmal nachgegangen. Jeder, der den Krieg überlebte, überlebte ihn dank eines Menschen, der ihm in grosser Gefahr Halt gab. Gott haben wir in den Lagern nicht gesehen, gute Menschen schon. Die alte jüdische Legende, dass die Welt nur dank einiger weniger Gerechten besteht, stimmte damals genau wie heute.
Aharon Appelfeld (Geschichte eines Lebens)
Wir leben noch in der Nähe der Zeit, in der das Wesen der Dinge wie ein dunkler Brunnen in der Finsternis hervorsprudelt und wir alles erahnen können. Wir betreiben nur Wahrsagerei. Wir raten und wägen die Dinge mit ihren vielen Gesichtern ab, bis wir nichts mehr unterscheiden können. Und was ist mit jenen, die erst in weit entfernter Zukunft leben werden, in Epochen, die man sich nicht vorstellen kann? Sie werden Wahrsagerei betreiben. Sie werden noch unsicherer und noch mehr auf Wahrsagerei und Raterei angewiesen sein als wir. Wer aber weniger sicher ist, vergnügt sich damit, Sicherheit zu erfinden.
Salim Barakat (Die Spiele Der Jungen Hähne: Roman Einer Jugend)
Vieles hat dem Nazismus später geholfen und sein Wesen modifiziert. Aber hier liegt seine Wurzel: nicht etwas im „Fronterlebnis“, sondern im Kriegserlebnis des deutschen Schuljungen. Die Frontgeneration hat ja im ganzen wenig echte Nazis geliefert und liefert heute noch im wesentlichen die „Nörgler und Meckerer“; sehr verständlich, denn wer der Krieg als Wirklichkeit des Krieges mit allen Schrecken dennoch ihre Lebensform fanden und immer wieder finden – und die ewigen „gescheiterten Existenzen“, die gerade die Schrecken und Zerstörungen des Krieges mit Jubel erleben end erleben, als eine Rache an dem Leben, dem sie nicht gewachsen sind.
Sebastian Haffner
Du kannst dein ganzes Leben lang putzen, ja putze nur dein Leben, am Ende aber, wenn ausgeräumt wird, bleibt ein Dreck über! Hinter jeder Fläche, die du putzt, hinter jeder Fassade, die du polierst. Wenn du jung bist, glaub nicht, dass da noch nichts verrottet, verschimmelt und verfault wäre, wenn dein Leben plötzlich weggeräumt wird. Du bist jung und glaubst, dass du noch nichts oder zu wenig gehabt hast vom Leben? Aber der Dreck dahinter ist immer der Dreck eines ganzen Lebens. Es bleibt nur der Dreck, weil du Dreck bist und im Dreck landest. Wenn du aber alt wirst: Glück gehabt. Aber du hast dich getäuscht, auch wenn du dein ganzes geschenktes Leben lang geputzt hast – am Ende wird ausgeräumt, und was sieht man? Dreck. Er ist hinter allem, unter allem, er ist die Grundlage von allem, was du geputzt hast. Ein sauberes Leben. Das hast du gehabt. Bis der Dreck zum Vorschein kommt.
Robert Menasse (Die Hauptstadt)
Und glaube mir nur, Freund Höllenlärm! Die grössten Ereignisse – das sind nicht unsre lautesten, sondern unsre stillsten Stunden. Nicht um die Erfinder von neuem Lärme: um die Erfinder von neuen Werthen dreht sich die Welt; unhörbar dreht sie sich. Und gesteh es nur! Wenig war immer nur geschehn, wenn dein Lärm und Rauch sich verzog. Was liegt daran, dass eine Stadt zur Mumie wurde, und eine Bildsäule im Schlamme liegt! Und diess Wort sage ich noch den Umstürzern von Bildsäulen. Das ist wohl die grösste Thorheit, Salz in's Meer und Bildsäulen in den Schlamm zu werfen. Im Schlamme eurer Verachtung lag die Bildsäule: aber das ist gerade ihr Gesetz, dass ihr aus der Verachtung wieder Leben und lebende Schönheit wächst! Mit göttlicheren Zügen steht sie nun auf und leidendverführerisch; und wahrlich! sie wird euch noch Dank sagen, dass ihr sie umstürztet, ihr Umstürzer! Diesen Rath aber rathe ich Königen und Kirchen und Allem, was alters- und tugendschwach ist – lasst euch nur umstürzen! Dass ihr wieder zum Leben kommt, und zu euch – die Tugend!
Friedrich Nietzsche (Also sprach Zarathustra und andere Schriften)
Dank umfassender Erkenntnisse und der zielgerichteten Nutzung vieler objektiver Gesetze der materiellen Welt hat die Menschheit ein hohes Niveau der technischen und technologischen Entwicklung erreicht. Im Bestreben, die modernsten Errungenschaften des wissenschaftlich-technischen Fortschritts im Leben auch anzuwenden, hat die Menschheit jedoch zugleich ihre geistig-sittliche Sphäre aus dem Blickfeld verloren, genauer gesagt: Sie hat diesen Bereich, der ebenfalls existiert und sich nach bestimmten Gesetzen entwickelt, weitgehend ignoriert. Diese Gesetze sind nicht weniger objektiv als die der materiellen Welt. Hierbei wurde ein fundamentales Gesetz des Universums verletzt, das da lautet: Das Niveau der geistigen und sittlichen Entwicklung der menschlichen Gemeinschaft sollte stets ein wenig höher sein als das Niveau des wissenschaftlich-technischen Fortschritts. Nur dann erwächst aus den grossartigen Leistungen der Wissenschaft und Technik auch die Verantwortung für das allgemeine Wohl der Menschen, für die Vorsorge vor Hunger, Verelendung und Krankheiten in den verschiedenen Teilen des Erdballs.
Chingiz Aitmatov
[…] Ich möchte aber gern noch einmal auf meinen Ratschlag zurückkommen; ich finde nämlich, dass du dein Leben radikal ändern und ganz mutig Dinge in Angriff nehmen solltest, die dir früher nie in den Sinn gekommen wären oder vor denen du im letzten Moment zurückgeschreckt bist. So viele Leute sind unglücklich mit ihrem Leben und schaffen es trotzdem nicht, etwas an ihrer Situation zu ändern, weil sie total fixiert sind auf ein angepasstes Leben in Sicherheit, in dem möglichst alles gleichbleibt – alles Dinge, die einem scheinbar inneren Frieden garantieren. In Wirklichkeit wird die Abenteuerlust im Menschen jedoch am meisten durch eine gesicherte Zukunft gebremst. Leidenschaftliche Abenteuerlust ist die Quelle, aus der der Mensch die Kraft schöpft, sich dem Leben zu stellen. Freude empfinden wir, wenn wir neue Erfahrungen machen, und von daher gibt es kein größeres Glück als in einem immer wieder wechselnden Horizont blicken zu dürfen, an dem jeder Tag mit einer neuen ganz anderen Sonne anbricht. Wenn du mehr aus deinem Leben machen willst, Ron, dann muss du deine Vorliebe für monotone, gesicherte Verhältnisse ablegen und das Chaos in dein Leben lassen, auch wenn es dir am Anfang verrückt erscheinen mag. Aber sobald du dich an ein solches Leben einmal gewöhnt hast, wirst du die volle Bedeutung erkennen, die darin verborgen liegt, und die schier unfassbare Schönheit. Um es auf den Punkt zu bringen, Ron: Geh fort raus Salton City und fang an zu reisen. […] Sei nicht so träge und bleib nicht einfach immer am selben Platz. Beweg dich, reise, werde ein Nomade, erschaffe dir jeden Tag einen neuen Horizont. Du wirst noch so lange leben, Ron, und es wäre eine Schande, wenn du die Gelegenheit nicht nutzen würdest, dein Leben von Grund auf zu ändern, um in ein vollkommen neues Reich der Erfahrungen einzutreten. Es stimmt nicht, wenn du glaubst, dass Glück einzig und allein zwischenmenschlichen Beziehungen entspringt. Gott hat es überall um uns herum verteilt. Es steckt in jeder kleinen Erfahrung, die wir machen. Wir müssen einfach den Mut haben, uns von unserem gewohnten Lebensstil abzukehren und uns auf ein unkonventionelles Leben einzulassen. Vor allem möchte ich dir sagen, dass du weder mich noch sonstwen brauchst, um dieses neue, hoffnungsfroh schimmernde Licht in dein Leben zu bringen. Du musst nur zur Tür hinausgehen und die Hand danach ausstrecken und schon ist es dein. Du selbst bist dein einziger Feind, du und deine Sturheit, mit der du dich weigerst, dich auf etwas Neues einzulassen. […] Du wirst staunen, was es alles zu sehen gibt, und du wirst Leute kennenlernen, von denen man eine Menge lernen kann. Aber mach es ohne viel Geld, keine Motels, und dein Essen kochst du dir selbst. Je weniger du ausgibst, desto höher der Erlebniswert. […]
Jon Krakauer (Into the Wild)
Bald sind sie allein auf der Tanzfläche, und Pierre führt seine Partnerin schon viel sicherer. “Was haben sie mir denn da vorgemacht?” sagt Ève. “Sie tanzen doch sehr gut.” “Das ist das erste Mal, dass man mir das sagt.” “Sie brauchten eben mich als Tänzerin.” “Ich glaube es fast …” Sie sehen sich an und tanzen eine Weile schweigend. “Sagen Sie”, fragte Pierre plötzlich, “was geht hier eigentlich vor? Vorhin dachte ich nur an meine Sorgen, und jetzt bin ich hier … Ich tanze und sehe nur Ihr Lächeln … Wenn das der Tod … wäre …” “Das?” “Ja. Mit Ihnen tanzen, immer, nichts sehen als Sie, alles andere vergessen …” “Ja, und?” “Der Tod wäre besser als das Leben. Finden sie nicht auch?” “Halten Sie mich fester”, haucht sie. Ihre Gesichter sind einander ganz nahe. Sie tanzen noch einen Augenblick weiter, und sie wiederholt: “Halten sie mich fester…” Plötzlich wird Pierres Gesicht traurig. Er hört auf zu tanzen, rückt ein wenig von Ève ab und murmelt: “Es ist ja alles Theater. Ich habe Ihre Taille nicht einmal berührt …” Ève begreift nun ebenfalls: “Wahrhaftig”, sagt sie langsam, “wir tanzen jeder für sich …” Sie bleiben voreinander stehen. Dann streckt Pierre die Hände aus, als wolle er sie auf die Schultern der jungen Frau legen, dann zieht er sie unwillig wieder zurück: “Mein Gott”, sagt er, “wie süß wäre es, Ihre Schultern zu berühren. Ich möchte so gerne Ihren Atem spüren, wenn Sie mich anlächeln. Aber auch das habe ich verpasst. Ich bin ihnen zu spät begegnet …” Ève legt Pierre die Hand auf die Schulter. Sie sieht ihn liebevoll an: “Ich gäbe meine Seele dafür hin, einen Augenblick lang wieder zu leben und mit Ihnen zu tanzen.” “Ihre Seele?” “Das ist alles, was wir noch besitzen.” Pierre nähert sich seiner Begleiterin und umfasst sie von neuem. Sie beginnen wieder zu tanzen, sehr zart, Wange an Wange, mit geschlossenen Augen.
Jean-Paul Sartre (Les jeux sont faits)
Sehr oft werde ich nach meinem Lieblingskomponisten gefragt - eine typische Frage von Laien an Musiker, eine, die wir Musiker uns gegenseitig wohl eher selten stellen. Vielleicht weil wir sie vordergründig als banal empfinden. Vielleicht auch, weil eine direkte Antwort darauf, ehrlich gesagt, unmöglich ist. Musik ist zu meinem Leben geworden. Nichts von dem, was ich tue, hat nicht irgendwas mit Musik zu tun. Ich habe Werke berühmter und weniger bekannter Komponisten einstudiert und dirigiert, aus ganz unterschiedlichen Epochen. Ich habe versucht, sie zu verstehen. Unzählige Stunden habe ich darüber nachgedacht, wie die Orchester, die ich dirigiere, die Werke spielen könnten, um dem Publikum die darin liegenden Aussagen nahe zubringen. Ich habe mich bemüht, bis zum Kern der Kompositionen vorzudringen und so mancher Rätselhaftigkeit auf die Spur zu kommen. Ich tue es heute noch. So sind mir meist die Komponisten, mit deren Werken ich mich gerade intensiv beschäftige, am präsentesten und vielleicht in dem Moment auch am nächsten. Aber sind sie mir dann auch die liebsten ? Ich weiß es nicht. Meine Entdeckungsreise durch die Welt der klassischen Musik, die vor sechzig Jahren an der Westküste Kaliforniens in einem Fischerdorf begann, ist längst nicht zu Ende. Im Gegenteil : Meine künstlerische Neugier treibt mich täglich weiter in diese faszinierte Welt hinein, deren Umfang immer größer wird, je tiefer ich in sie vordringe. Die Welt der Musik gleicht unserem expandierenden Universum. Je mehr ich mich mit Musik befasse, desto weniger meine ich über sie zu wissen. Wie also sollte ich diese offenbar gar nicht so banale Frage nach meinem Lieblingskomponisten beantworten ? Vielleicht, indem ich sie anders formuliere : "In deiner freien Zeit, in Stunden, die nicht verplant sind und ganz dir gehören - welche Musik würdest du dann für dich spielen ?" Die Antwort darauf ist viel einfacher. Es ist die Musik von Johann Sebastian Bach. Das sage ich ohne den Hauch eines Zweifels. Von frühester Kindheit an hat mich Bach verfolgt und ich ihn. Bis heute. Seine Musik lässt mich nicht los. Ihre Tiefe ist unendlich. Sie vereint alles, was klassische Musik ausmacht. Und bis heute bin ich auf der Suche nach dem Warum.
Kent Nagano Erwarten Sie Wunder
Als ich erneut an den Courbet dachte, den ich gestern sah, merkte ich, daß mir mehrere Einzelheiten schon nicht mehr gegenwärtig waren. Das hat mich ein wenig verstimmt. Denn mir scheint, daß eine Einzelheit entschlüpfen lassen etwas vom Leben selbst entschlüpfen lassen heißt - hat doch unser verronnenes Leben keine andere Realität als die des Gedächtnisses, weshalb wir darauf bedacht sein müssen, es bis zum Tod vollständig in Erinnerung zu behalten. Deshalb hat der Anspruch des sterbenden Mazarins stets tiefsten Widerhall bei mir gefunden. Aber Sterben bedeutet nicht nur, auf einige Bilder von Tizian zu verzcihten, es heißt, auf immer die Welt der Erinnerung zu verlassen, und der Tod stellt sich mir vor allem als der absolute und endgültige Verlust unseres Gedächtnisses dar.
Julien Green (Tagebücher, 1926-1942)
Vielleicht wird unser Vorurteil auch dadurch bestärkt, daß es – von außen gesehen – oft vom Leben Begünstigte zu sein scheinen, […] denen wir daher sozusagen das Recht nicht zusprechen wollen, daß sie erkrankten; kennt man ihre Lebensgeschichte, wird man seine Meinung revidieren müssen; letztlich leiden wir alle an nicht genügend verarbeiteter Vergangenheit; bei wem sie so beschaffen war, daß er sein Leben dennoch fruchtbar gestalten konnte, weil er aus ihr mehr Hilfen als Schädigungen mitbekam, der sollte aus der Dankbarkeit dafür Verständnis und Toleranz gegenüber den weniger Glücklichen aufbringen.
Fritz Riemann (Grundformen der Angst: Eine tiefenpsychologische Studie)
Aller Anfang ist schwer - das sagen Leute, die das Ende nicht kennen.
Gregor Gysi (Ein Leben ist zu wenig: Die Autobiographie)
Ich glaube, dass die hörfähigen Erwachsenen, die ihren Kindern die Gebärdensprache vorenthalten, niemals verstehen werden, was im Kopf eines Tauben Kindes vor sich geht. Dort herrscht Einsamkeit und Wut. Das Ausgeschlossensein in der Familie, zu Hause, wo alle rücksichtslos reden. Denn immer muss man fragen, jemandem am Ärmel zupfen oder am Rock, um etwas, ein ganz klein wenig von dem zu erfahren, was um einen herum passiert. Ansonsten ist das Leben, wie ein Stummfilm ohne Untertitel.
Emmanuelle Laborit (Le Cri de la mouette)
Es gibt ein großes und doch ganz alltägliches Geheimnis. Alle Menschen haben daran teil, jeder kennt es, aber die wenigsten denken je darüber nach. Die meisten Leute nehmen es einfach so hin und wundern sich kein bisschen darüber. Dieses Geheimnist ist die Zeit. Es gibt Kalender und Uhren, um sie zu messen, aber das will wenig besagen, denn jeder weiß, dass einem eine einzige Stunde wie eine Ewigkeit vorkommen kann, mitunter kann sie aber auch wie ein Augenblick vergehen - je nachdem, was man in dieser Stunde erlebt. Denn Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.
Michael Ende, Momo
Ich habe schon mein ganzes Leben von dir geträumt, aber nie gedacht, dass es dich wirklich gibt. Ich hätte es wissen müssen, bin aber ehrlich nicht auf die Idee gekommen. Ich weiß nicht, ob ich froh oder traurig sein soll, dass du eine von uns bist. Es ist sinnlos, dass wir uns noch mal treffen, aber ich habe dich gesehen und kann es jetzt nicht mehr ungesehen machen. Ich kann nur noch daran denken, dass du hier bist, irgendwo in dieser Stadt. Am liebsten würde ich alle Häuser zwischen uns niederbrennen, bis nur noch du und ich übrig sind. Ich denke, je weniger ich über dich weiß, desto sicherer bist du, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass es einen Grund dafür gibt, dass ich dich zeichne, seit ich alt genug war, um einen Buntstift zu halten. Ich muss von dir hören. Sag mir, dass du mich hasst. Sag mir, ich soll zur Hölle fahren. Irgendwas. Aber schreib zurück. Ajax
Josephine Angelini (Scions (Starcrossed, #4))
Ich habe [...] deutlich gemacht, dass der menschliche Wille kein anderes Ziel hat, als das Bewusstsein wach zu erhalten. Aber das geht nicht ohne Disziplin. Von allen Schulen der Geduld und der Klarheit ist das Schaffen die wirksamste. Es ist zudem das erschütternde Zeugnis für die einzige würde des Menschen: die unnachgiebige Auflehnung gegen seine conditio, die Ausdauer in einer für unfruchtbar erachteten Anstrengung. Es erfordert tägliches Sichmühen, Selbstbeherrschung, die genaue Abschätzung der Grenzen des Wahren, Maß und Kraft. Es begründet eine Askese. Und das alles "für nichts", nur um zu wiederholen und um auf der Stelle zu treten. Aber vielleicht hat das große Kunstwerk weniger Bedeutung an sich als durch die Bewährung, die es von einem Menschen verlangt, und die Gelegenheit, die es ihm bietet zur Überwindung seiner Gespenster und zur weiteren Annäherung an seine nackte Wirklichkeit.
Albert Camus (Der Mythos des Sisyphos (German Edition))
Eine Frau sitzt an einem Schreibtisch und schreibt ihren Lebenslauf. Der Schreibtisch steht in Moskau. Es ist das dritte Mal in ihren Leben, dass sie einem Lebenslauf schreiben muss, und es kann sein, dass dieser deschriebene Lebenslauf den Lauf ihres wirklichen Lebens beendet, dass dieses Schriftstück, wenn man so will, sich in eine Waffe verwandelt, die sie sich selbst schreibt. Es kann auch sein, dass das Schriftstück aufbewahrt wird, and dass sie von dem Moment an, in dem sie es abgegeben hat, dagegen anleben muss, oder sich dessen würdig erweisen, oder die dunkelsten Vermutungen, die sich daraus ergeben, bestätigen. Im letzteren Falle wären diese Buchstaben ebenfalls, nur mit kleinerer oder größerer Verspätung, so etwas wie eine verschleppte Krankheit, an der sie irgendwann doch zugrundegehen muss. Hat ihr Mann nicht immer gesagt, auf dem Theater hängt niemals ein Gewehr an der Wand, mit dem nicht auch igendwann einer schießt? Sie denkt an die »Wildente« von Ibsen, und wie sie geweint hat, als der Schuss endlich fiel. Vielleicht aber gelingt es ihr, und deshalb sitzt sie ja überhaupt nur da, darauf hofft sie, und deshalb nur sucht sie so lange nach den richtigen Worten, vielleicht gelingt es ihr, sich mit dem Schreiben eine Rettung zu schreiben, und den Lauf ihres Lebens, durch ein paar Buchstaben mehr oder weniger, zu verlängern oder wenigstens zu erleichtern, auf nichts anderes kann sie hoffen, als darauf, sich durchs Schreiben ins Leben zurückzuschreiben. Aber was sind die richtigen Worte? Käme sie mit einer Wahrheit weiter als mit einer Lüge? Und welche der vielen möglichen Wahrheiten oder Lügen soll sie dann nehmen? Wenn sie doch nicht weiß, wer lesen wird, was sie schreibt. Eines nur nimmt sie nicht an, nämlich dass diese Schriftstück nichts weiter als ein beschriebenes Blatt Papier sein wird, abgeheftet, vergessen. Das ist in einem Land, in dem jedes Kind und jede Aufwaschfrau und jeder Soldat Gedichte von Lermontow und Puschkin auswendig hersagen kann, nicht sehr wahrscheinlich.
Jenny Erpenbeck (The End of Days)
Du sollst dir kein Bildnis machen. Es ist bemerkenswert, dass wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und dass auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, dass wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertig werden: weil wir sie lieben; solang wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wären sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alles Mögliche voll, aller Geheimnisse voll, unfaßbar ist der Mensch, den man liebt - Nur die Liebe erträgt ihn so. Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie und kennen ein für allemal; damit wir noch einmal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei - es ist ohnehin schon wenig genug. Unsere Meinung, dass wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind - nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch, fertig für uns. Er muss es sein. Wir können nicht mehr! Wir künden ihm die Bereitschaft auf weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, das unfassbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, dass unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei. „Du bist nicht“, sagt der Enttäuschte oder die Enttäuschte: „wofür ich dich gehalten haben.“ Und wofür hat man sich denn gehalten? Für ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat. (…) Man wird das Gegenteil, aber man wird es durch den anderen. (…) In gewissen Grad sind wir wirklich das Wesen, das die andern in uns hineinsehen, Freunde wie Feinde. Und umgekehrt! auch wir sind die Verfasser der anderen; (…) Wir halten uns für den Spiegel und ahnen nur selten, wie sehr der andere seinerseits eben der Spiegel unseres erstarrten Menschenbildes ist, unser Erzeugnis, unser Opfer -.“ -Tagebücher von 1946-1949
Max Frisch
Wenn du arm bist und einen Pass hast, der weltweit so wenig zählt wie kein anderer, verbringst du natürlich dein ganzes Leben in deiner Heimat und setzt keinen Fuß in ein anderes Land.
Taqi Akhlaqi (Versteh einer die Deutschen)
Im Schwarzbrot war die Welt, was sie in ihrem Wesen nach ist - eine primitive, durch Magie gelenkte Welt, in der die Angst die Hauptrolle spielt. Der Junge, der die meiste Angst einfloessen konnte, wurde zum Anfuehrer und so lange geachtet, wie er seine Macht behaupten konnte. Andere Jungen waren Rebellen,und sie wurden bewundert, aber Anfuehrer wurden sie nie. Die Mehrheit war nichts als Ton in den Händen der Furchtlosen. Auf ein paar wenige konnte man sich verlassen, auf die meisten aber nicht. Die Luft war voller Spannung, man konnte nichts für morgen voraussagen. Dieser lockere, primitive Kern einer Gesellschaft brachte heftige Begierden, Gefühle, heftigen WIssensdurst hervor. Nichts wurde als erwiesen hingenommen; jeder Tag verlangte eine neue Kraftprobe, ein neues Gefühl von Kraft oder Versagen. Und so hatten wir bis zum Alter von neun oder zehn Jahren einen echten Geschmack vom Leben - wir waren unsere eigenen Herren. Das heißt diejenigen von uns, die das Glück hatten, nicht durch ihre Eltern verdorben worden zu sein, die abends frei durch die Straßen streunen und die Dinge mit unseren Augen entdecken konnten. Nicht ohne ein gewisses wehmütiges Bedauern denke ich daran, daß dieses streng begrenzte Leben der frühen Knabenjahre wie eine unermeßliche Welt, das Leben, das ihm folgte, das Leben der Erwachsenen, mir als ein ständig schrumpfender Bereich erscheint. Von dem Augenblick an, wo man in die Schule gesteckt wird, ist man verloren: man hat das Gefühl, daß man einen Halfter um den Hals gelegt bekommt. Das Brot verliert seinen Geschmack, wie das Leben ihn verliert. Sein Brot zu verdienen, wird wichtiger, als es zu essen. Alles wird berechnet, und alles hat seinen Preis.
Henry Miller (Tropic of Capricorn (Tropic, #2))
[...], es kommt von der fast rhythmischen Wiederkehr einzelner Vokale, die - so will mir scheinen - gewisse Gedanken ausdrücken sollen und Äußerungen einer tierhaften Sprache sind. Das Ganze ist ein Gesang - ein Gesang voll Gefühlen und Begriffen, die nichts Menschliches an sich haben und uns deshalb vollkommen unfassbar bleiben müssen. - Hunde jedoch verstehen offenbar, was dieser Gesang bedeutet, denn sie antworten, obgleich meilenweit weg, durch die Finsternis der Nacht. - Oft muss ich mein Gehör aufs Äußerste anstrengen, um ihre Antwort noch zu vernehmen, so groß ist die Entfernung. Der Worte - wenn man hier von 'Worten' reden darf -, die der Gesang enthält, sind nur wenige, aber, nach der Erregung zu schließen, die sie in Hundekreisen hervorrufen, müssen sie überaus inhaltsreich sein. Vielleicht dreht es sich da um Dinge, die sich auf Gerüche beziehen, auf Aushauche, Einflüsse, Ausstrahlungen, die unsern stumpfen menschlichen Sinnen verschlossenes Land bedeuten. - Vielleicht um feine Anregungen, für die es keinen Namen gibt, - um Impulse und Anreize, die der Vollmond in den Geistern der Hunde zum Leben erweckt.
Lafcadio Hearn (Japanische Geistergeschichten: übersetzt von Gustav Meyrink (German Edition))
Das Leben ist wie ein Spiegel, auf den du zugehst. Je weiter du läufst, desto näher kommst du dir. Und mit jedem Jahr, das du hinter dir lässt, erkennst du ein wenig mehr von dem, was du wirklich bist.
Anonymous
Denn die Falle ist ja gerade, daß man sich vertäut glaubt. Man trifft Entscheidungen, schließt Kredite ab, geht Verpflichtungen ein und natürlich auch Risiken. Man kauft Häuser , man setzt Babys in rosa Zimmer und schläft jede Nacht eng umschlungen. Man ist verrückt von dieser -wie hieß es noch? Dieser Einmütigkeit. Ja, so hieß es wenn man glücklich war. Und auch wenn man es weniger war. Die Falle besteht darin, zu glauben, daß ein Recht darauf hätte, glücklich zu sein. Dumm wie wir sind. Naiv genug, eine Sekunde lang zu glauben, wir hätten unser Leben selbst in der Hand. Unser Leben entgleitet uns, aber das ist nicht schlimm. ES ist nicht so wichtig. Optimal wäre nur, wenn wir es früher wüßten.
Anna Gavalda (Someone I Loved (Je l'aimais))
Vergeben Sie mir diese Schilderung, aber denken Sie nicht, daß es Mitleid war, was mich erfüllte. [...] Es war viel mehr und viel weniger als Mitleid: ein ungeheures Anteilnehmen, ein Hinüberfließen in jene Geschöpfe oder ein Fühlen, daß ein Fluidum des Lebens und Todes, des Traumes und Wachens für einen Augenblick in sie hinübergeflossen ist [...].
Hugo von Hofmannsthal
Der stigmatisierte Weg eines Menschen. Man wächst auf, betritt die Schule, stellt zur Hoffnung der Eltern keinen Unfug an und schreibt gute Noten. Man verlässt das starre Gebäude, namens Bildungsanstalt, mit weniger Wissen über das Leben, als man sollte, startet eine Karriere, geht mit unter ernsthafte Beziehung ein, oder vertieft Bestehende, die erste eigene Wohnung, man setzt Kinder in die Welt, am besten noch bevor man dreißig ist, alles andere wäre egoistisch, zum Glück ist bald Wochenende, die Kinder werden immer älter, viel zu schnell, und wollen immer gut versorgt werden, hier ein Urlaub, da ein Geschenk, mit Bedacht nie den eigenen Partner vergessen, obwohl es im Bett schon lange nicht mehr funkt, schließlich ziehen die Kinder aus und betreten ihr eigenes Hamsterrad, womöglich steht nun mitunter die erste Midlife-Crisis an, eine Trennung oder ein Betrug oder beides, zum Glück nicht mehr lange bis zur Rente, die ein oder anderen Krankheit und Operationen überstanden, erreicht man endlich den Ruhestand. Mit Glück bleiben einem ein paar wenige Wochen ohne Krankheit, mit einem geliebten Menschenkreis, der womöglich immer wieder erweitert wird, bis dann schließlich das Licht ausgeht. Nichts daran ist falsch. Es ist nicht falsch solch ein Leben zu wollen, womöglich sogar einfach und mit viel unbeschwerlichem Glück verbunden. Jedoch ist dies nur ein Weg von vielen Abertausenden. Natürlich gibt es Grenzen. Ein Mörder, Rassist oder Sonstiges ist kein guter Mensch, der sein Leben lediglich frei entfalten will. Wie so oft gesagt, endet die eigene Freiheit, bei der Einengung der Freiheit anderer.
Spencer Hill, Krieg zwischen den Welten - Das zweite Gesicht
Du hältst mich nämlich seit jeher aus Vaterstolz, aus Unkenntnis meines eigentlichen Daseins, aus Rückschlüssen aus meiner Schwächlichkeit für besonders fleißig. Als Kind habe ich Deiner Meinung nach immerfort gelernt und später immerfort geschrieben. Das stimmt nun nicht im entferntesten. Eher kann man mit viel weniger Übertreibung sagen, daß ich wenig gelernt und nichts erlernt habe; daß etwas in den vielen Jahren bei einem mittleren Gedächtnis, bei nicht allerschlechtester Auffassungskraft hängengeblieben ist, ist ja nicht sehr merkwürdig, aber jedenfalls ist das Gesamtergebnis an Wissen, und besonders an Fundierung des Wissens, äußerst kläglich im Vergleich zu dem Aufwand an Zeit und Geld inmitten eines äußerlich sorglosen, ruhigen Lebens, besonders auch im Vergleich zu fast allen Leuten, die ich kenne.
Franz Kafka
Das menschliche Leben besteht aus einer Abfolge administrativer und technischer Schwierigkeiten, unterbrochen von medizinischen Problemen; mit dem Alter treten die medizinischen Gesichtspunkte in den Vordergrund. Das Leben ändert also seine Beschaffenheit und beginnt einem Hürdenlauf zu ähneln: Immer häufigere und verschiedenartigere medizinische Untersuchungen sondieren den Zustand der Organe. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Lage normal oder zumindest akzeptabel ist, bis eine von ihnen zu einem anderen Urteil kommt. Das Leben ändert also ein zweites Mal seine Beschaffenheit und wird zu einem mehr oder weniger langen und schmerzvollen Pfad hin zum Tod.
Michel Houellebecq (Anéantir)
Die Dinge geschehen eben, und ich suche, wie Millionen Menschen vor mir, in ihnen einen Sinn, weil meine Eitelkeit nicht gestatten will, zuzugeben, daß der ganze Sinn eines Geschehnisses in ihm selbst liegt. Kein Käfer, den ich achtlos zertrete, wird in diesem, für ihn traurigen Ereignis einen geheimnisvollen Zusammenhang von universeller Bedeutung sehen. Er war in dem Augenblick unter meinem Fuß, als ich niedertrat; Wohlbehagen im Licht, ein kurzer schriller Schmerz und Nichts. Nur wir sind dazu verurteilt, einer Bedeutung nachzujagen, die es nicht geben kann. Ich weiß nicht, ob ich mich jemals mit dieser Erkenntnis abfinden werde. Es ist schwer, einen uralten eingefleischten Größenwahn abzulegen. Ich bedaure die Tiere, und ich bedaure die Menschen, weil sie ungefragt in dieses Leben geworfen werden. Vielleicht sind die Menschen bedauernswerter, denn sie besitzen genausoviel Verstand, um sich gegen den natürlichen Ablauf der Dinge zu wehren. Das hat sie böse und verzweifelt werden lassen und wenig liebenswert. Dabei wäre es möglich gewesen, anders zu leben. Es gibt keine vernünftigere Regung als Liebe. Sie macht dem Liebenden und dem Geliebten das Leben erträglicher. Nur, wir hätten rechtzeitig erkennen sollen, daß dies unsere einzige Möglichkeit war, unsere einzige Hoffnung auf ein besseres Leben. Für ein unendliches Heer von Toten ist die einzige Möglichkeit des Menschen für immer vertan. Immer wieder muß ich daran denken. Ich kann nicht verstehen, warum wir den falschen Weg einschlagen mußten. Ich weiß nur, daß es zu spät ist.
Marlen Haushofer (Die Wand by Marlen Haushofer (2016-03-14))
Es mag unfair sein, aber es kommt manchmal vor, dass die Ereignisse weniger Tage oder vielleicht auch nur eines einzigen Tages genügen, um den Verlauf eines ganzen Lebens zu verändern
Khaled Hosseini (Drachenläufer)
Der selbstgefällige Eindruck, den die Bundesrepublik von sich machte, als sie in den sechziger Jahren stolz von einem «Eingliederungswunder!» sprach, ist durch die Forschung der letzten Jahre korrigiert worden. Viele Deutschen verhielten sich ihren geflohenen Landsleuten gegenüber nicht weniger hartherzig als gegenüber den ausländischen DPs (Displaced Persons). Daraus könnte man den womöglich tröstlichen Schluss ziehen, ihr Egoismus sei zumindest nicht rassistisch motiviert gewesen. Doch die Vertriebenen wurden gern und häufig als «Zigeunerpack» beschimpft, mochten sie noch so blond und blauäugig sein. [...] Die Zuzügler, wie sie damals von der Verwaltung genannt wurden, trafen auf eine Mauer von Ablehnung. [...] Die Einheimischen, ob in Bayern oder Schleswig-Holstein, wehrten sich teilweise so vehement gegen die Einquartierungen, dass die Vertriebenen nur unter dem Schutz von Maschinengewehren in ihre zugewiesenen Behausungen geleitet werden konnten. Gegen deren Not wappneten sich die Bauern mit einer Sturheit, die die ihrer Ochsen weit übertraf. Der Schriftsteller Walter Kolbenhoff berichtete 1946 aus einem oberbayrischen Dorf: «Diese Bauern haben nie in Luftschutzkellern gesessen, als die Bomben hagelten und das Leben der Angehörigen erlosch. Sie sind nie frierend und hungernd über fremde Landstraßen gezogen. Sie haben, als die anderen jeden Tag, den ihnen das Leben erneut schenkte, wie eine Gabe begrüßten, auf ihren Höfen gesessen und Geld verdient. Aber dieses Schicksal hat sie nicht demütig gemacht. Es ist, als wäre alles nicht gewesen und als ginge alles sie nichts an.» [...] Besonders unwürdige Szenen spielten sich ab, wenn die Bauern selbst bestimmen konnten, wen aus der ankommenden Flüchtlingsgruppe sie aufzunehmen bereit waren. Es ging zu wie auf dem Sklavenmarkt. Man wählte unter den Männern die Kräftigsten, unter den Frauen die Schönsten und stieß die Schwachen unter höhnischen Bemerkungen weg. Manche Bauern sahen in den Vertriebenen einen ihnen rechtmäßig zustehenden Ersatz für die Zwangsarbeiter und reagierten wütend auf das Ansinnen, den «Polacken» künftig angemessenen Lohn zahlen zu sollen.
Harald Jähner (Aftermath: Life in the Fallout of the Third Reich, 1945–1955)
Nicht jeder ist ein Ganghi, aber jeder kann sich für ein klein wenig mehr Gerechtigkeit einsetzen. Nicht jeder ist eine Mutter Teresa, aber jeder kann durch Zuwendung menschliche Wärme schenken. Nicht jeder ist ein van Gogh, aber jeder kann kreativ und schöpferisch die Welt neu interpretieren. Nicht jeder ist eine Sophie Scholl, aber jeder kann Zivilcourage im eigenen Umfeld üben.
Gerd König (Charlie Chaplin: Einer, der dem Leben ins Gesicht lachte (Impulsheft 64) (German Edition))
Religiöse Sehnsucht ist ein hungerndes Verlangen nach göttlicher Realität. Religiöse Erfahrung ist das Erwachen des Bewusstseins, Gott gefunden zu haben. Und wenn ein menschliches Wesen tatsächlich Gott findet, macht seine Seele die Erfahrung eines so unbeschreiblichen Entdeckertriumphs, dass es sich voller Unrast gedrängt fühlt, sich seinen weniger erleuchteten Mitmenschen in Liebe zuzuwenden; nicht etwa, um ihnen zu eröffnen, dass es Gott gefunden hat, sondern um dem Aufwallen ewiger Güte in seiner Seele zu erlauben überzufließen, um seine Gefährten zu erfrischen und zu veredeln. Wahre Religion führt zu verstärktem sozialem Dienen.
Various (Das Urantia Buch: TIEFE EINSICHTEN IN GOTT, DAS UNIVERSUM, DEN PLANETEN ERDE, DAS LEBEN JESU UND UNS SELBST (German Edition))
Aber der Erzähler neigt eher zu der Auffassung, dass man dem Bösen letztlich indirekt eine starke Huldigung erweist, wenn man die guten Taten zu wichtig nimmt: Damit deutet man nämlich an, dass diese guten Taten nur deshalb einen so großen Wert haben, weil sie selten sind, und dass Bosheit und Gleichgültigkeit ein sehr viel häufigerer Antrieb des menschlichen Handelns sind. Diese Ansicht teilt der Erzähler nicht. Das Böse in der Welt geht fast immer von Unwissenheit aus, und der gute Wille kann ebenso viel Schaden anrichten wie die Bosheit, wenn er nicht aufgeklärt ist. Die Menschen sind eher gut als böse, und eigentlich geht es gar nicht um diese Frage. Aber sie sind mehr oder weniger unwissend, und das nennt man dann Tugend oder Laster, wobei das hoffnungsloseste Laster das der Unwissenheit ist, die alles zu wissen vermeint und sich deshalb das Recht nimmt zu töten. Die Seele des Mörders ist blind, und es gibt keine wirkliche Güte oder wahre Liebe ohne die größtmögliche Klarsichtigkeit.
Albert Camus (Die Pest |Albert Camus)
Die Planwirtschaftsidee versucht einen politischen, institutionalisierbaren und demokratisch gestaltbaren Umgang damit zu finden, die Versorgung gesamter Gesellschaften unter den Bedingungen ebendieser von Haraway herausgestellten Unmöglichkeit eines unschuldigen Lebens, der Begrenztheit von Ressourcen und potentiell widerstreitender Interessen zu ermöglichen und dies insgesamt unter kollektive Verantwortung zu stellen; sie denken damit also konkret über besserer[sic!], ökologischere oder zumindest weniger schlimme Formen von Instrumentalität und so auch des Einsatzes instrumenteller Rationalität nach, die anderen Zwecken als der profitgetriebenen Ausbeutung von Mensch und Natur dient.
Samia Zahra Mohammed (Zukunft Jenseits Des Marktes: Demokratie Und Gesellschaftliche Naturverhaltnisse in Sozialistischen Utopien (Zeitgenossische Diskurse des Politischen ... on the Political, 22) (German Edition))
Wir möchten großzügig, nützlich, von dieser Welt sein. Tatsächlich wollen wir aber einfach nur in Ruhe gelassen werden. Wenn wir andere nicht dazu bringen können, uns in Ruhe zu lassen, dann geben wir uns schließlich selbst auf. Andere mögen meinen, dass wir präsent sind. Wir handeln ja auch Aber unser wahres Selbst ist verschwunden. Übrig ist nur die Hülle unseres eigentlichen Selbst. Sie bleibt zurück, weil sie gefangen ist. Wie ein lustloses Zirkustier, das gepiesackt wird, damit es auftritt, führen wir unsere Kunststücke vor. Wir spulen sie ab. Wir verdienen uns unseren Applaus. Aber die ganze Aufregung geht an uns vorbei. Uns ist es egal Unser innerer Künstler hat sich davongemacht. Unser Leben ist jetzt eine auẞerkörperliche Erfahrung. Wir sind nicht mehr da. Ein Arzt würde unseren Zustand vielleicht als Abspaltung bezeichnen. Ich nenne es sich vom Ort des Verbrechens davonschleichen. Komm heraus, komm heraus, wo immer du auch bist, beschwatzen wir unser wahres Selbst. Doch es hat sich verkrochen. Es vertraut uns nicht mehr. Warum sollte es auch? Wir haben es verraten. ... Durch ihre übertriebene Tugendhaftigkeit haben diese gefangenen Künstler ihr wahres Selbst zerstört, das Selbst, das auch schon in der Kindheit nur wenig Unterstützung erfahren hat. Das Selbst, das immer wieder »Sei nicht so egoistisch!« zu hören bekam. Das wahre Selbst ist ein beunruhigender Zeitgenosse, vital und gelegentlich anarchistisch. ... In der Tugendfalle gefangene Kreative heißen ihr wahres Selbst nicht gut. Sie können es der Welt nicht zeigen, ohne dabei ständig deren Ablehnung zu fürchten.
Julia Cameron (The Artist's Way: A Spiritual Path to Higher Creativity)
Der persische Dichter Saadi ein großer Lebenskünstler, sagte: „Welchen Wert hat die Vernunft, wenn sie mich nicht rettet, bevor ich etwas sage!“ Das zeigt uns, dass wir Fehler machen können, wenn wir keine Kontrolle über unsere Worte haben, wie weise wir auch sein mögen. Für diese Wahrheit können wir leicht Beispiele finden; diejenigen, die viel reden, haben weniger Macht als jene, die wenig sprechen. Denn geschwätzige Menschen sind nicht fähig, eine Idee in tausend Worten auszudrücken, die Meister der Stille in nur einem Wort vermitteln können. Alle können sprechen, aber nicht alle Worte haben dieselbe Kraft. Überdies sagen Worte viel weniger, als Stille auszudrücken vermag. Die Basis eines harmonischen Lebens ist Stille. […] Die Essenz der Religion ist Verständnis. Und diese Religion können wir nicht leben, ohne Macht über unsere Worte zu haben, ohne die Macht der Stille zu realisieren. Es gibt so viele Gelegenheiten, bei denen wir bereuen, unsere Freunde verletzt zu haben, und die wir hätten vermeiden können, wenn wir unsere Sprache unter Kontrolle gehabt hätten. Schweigen ist das Schild der Unwissenden und der Schutz der Weisen. Denn die Unwissenden zeigen ihre Unwissenheit nicht, wenn sie schweigen, und die Weisen werfen keine Perlen vor die Säue, wenn sie den Wert der Stille kennen. Was gibt uns Macht über die Worte? Was erzeugt die Kraft, die durch Stille erlangt werden kann? Die Antwort ist: Es ist die Willenskraft, die uns Macht über unsere Worte verleiht; es ist Ruhe, die uns die Kraft der Stille verleiht. Ruhelosigkeit lässt uns zu viel reden. Je mehr Worte wir brauchen, um eine Idee auszudrücken, umso kraftloser wird sie. Wie schade, dass die Menschen so oft daran denken, ihr Geld zu sparen, und nie daran denken, Worte zu sparen. Das ist, als würde man Kieselsteine aufheben und die Perlen wegwerfen. Ein indischer Dichter sagt: „Perlenmuschel, was gibt dir deinen wertvollen Inhalt?“ - „Die Stille, meine Lippen waren jahrelang geschlossen.“ zunächst bedeutet Stille, mit sich selbst zu kämpfen, einen Impuls zu kontrollieren, aber dann wird genau das zu einer Macht. (S. 210 - 211)
Hazrat Inayat Khan (Heilung aus der Tiefe der Seele: Mystik und geistige Heilung)
Natürlich war ich nicht der Einzige in meiner Klasse, der in schäbigen Klamotten rumlief. Aber die Sorgen der anderen, falls Sie das noch nicht bemerkt haben, trösten einen nicht. Man fühlt sich noch nicht mal weniger allein. Manchmal sogar ganz im Gegenteil. Landremont, der viel erzählt, wenn der Tag lang ist, sagt immer "Was dich nicht umbringt, macht dich stark." Das soll also das Leben sein: Entweder du bist stark, oder Du bist tot? Was für eine Scheißauswahl.
Marie-Sabine Roger (Das Labyrinth der Wörter)
Der Bankmanager, der ohne Rücksicht auf Verluste Hypotheken und Derivate unters Volk bringt, um sich einen Millionenbonus zu sichern, trägt mehr zum BIP bei als eine Schule voller Lehrer oder eine Fabrik voller Automechaniker. Wir leben in einer Welt, in der die Grundregel anscheinend lautet, dass wir umso weniger zum BIP beitragen, je wichtiger unsere Tätigkeit für die Gesellschaft ist, etwa wenn wir reinigen, pflegen, unterrichten.
Rutger Bregman (Utopia for Realists: How We Can Build the Ideal World)
Und zu guter Letzt euch, den allmächtigen Lesern: Ihr lehrt mich Demut. Jeden. Einzelnen. Tag. Die Tatsache, dass ihr eure kostbare Zeit damit verbracht habt, mein Buch zu lesen, bedeutet mir mehr, als ihr je ahnen werdet. Es haut mich einfach um, wenn ihr die Wahrheit wissen wollt. Ein Buch zu schreiben und es mit jemanden zu teilen ist wie splitterfasernackt vor großem Publikum einen Vortrag zu halten. Man entblößt alles vor der ganzen Welt. Die Menschen beurteilen dich, gut oder schlecht. Danke für eure ungebrochene Unterstützung! Dadurch fühle ich mich weniger nackt. Ich verlasse euch nun mit einem letzten Gedanken, weil das Leben manchmal hart ist. Für uns alle. Ihr seit mutig ... Und jetzt los ... do epic! Das ist ein Befehl. Tut es. Bitte.
Kim Holden (Bright Side)
Es gibt viele Leute mit Talent und Lust, und viele von ihnen bringen es nie zu etwas. Das ist erst der Ausgangspunkt, um im Leben etwas zu erreichen. Das Talent ist wie die Kraft eines Athleten. Man kann mit mehr oder weniger Fähigkeiten geboren werden, aber niemand wird nur aus dem Grund Athlet, weil er von Natur aus groß oder stark oder schnell ist. Was den Athleten - oder den Künstler - ausmacht, das ist die Arbeit, das Handwerk, die Technik. Die Intelligenz die einem in die Wiege gelegt wird, ist bloß die Munition. Um damit etwas anfangen zu können, muss man seinen Geist zu einer Präzisionswaffe machen. <...> Jedes Kunstwerk ist aggressiv. Und jedes Kunstleben ist ein kleiner oder großer Krieg, angefangen bei einem selbst und den eigenen Beschränkungen. Um zu erreichen, was man sich vorgenommen hat, braucht man vor allem Ehrgeiz, dann Talent, Wissen und schließlich eine Chance.
Carlos Ruiz Zafón (The Angel's Game)
Die Freiheit, die einem versprochen wird, gilt weniger, als die Freiheit, die man sich selber nimmt. So, wie die Dinge, die sich rechnen sollen, meist weniger wert sind als das, was wirklich zaehlt.
Gregor Gysi (Ein Leben ist zu wenig: Die Autobiographie)
Das feministische Manifest Du kannst mich nicht einsperren Du kannst mich nicht gefangen halten Meine Freiheit ist mir mehr wert als deine Fehlvorstellung Wie eine Frau zu sein hat sodass du sie respektieren kannst So würde ich lieber alle Tage alleine schlafen als eingesperrt zu sein wie ein schöner Vogel Du kannst meine Liebe nicht kaufen mit einem Kleid oder einem Drink oder einem Ring und Versprechen, die du nicht einzuhalten gedenkst Und wenn ich keine Zeit habe und wenn ich nicht tanzen will und wenn ich deine Schmeicheleien satt habe und wenn ich nicht will, dass du mich anfasst dann bin ich stur und egoistisch? Und wenn ich davon Gebrauch mache meine Stimme zu erheben und auszusprechen, was mich bewegt und sei es ein einfaches „Nein“ und sei es ein „Ich liebe dich nicht“ dann bist du gezwungen, mich zu hassen? Dann nur zu mein Kleiner und hasse mich denn es juckt mich nur wenig es interessiert mich nicht mehr So würde ich lieber alle Tage alleine schlafen als eingesperrt zu sein wie ein schöner Vogel Verzieh dich und lass mich in Ruhe mit dir und deinem Patriarchat mit dir und deinen ewig-gestrigen Ansichten aufs Leben und die Weiblichkeit auf die Reife und den Reinheitsmythos deine Ansichten sind dazu verdammt zunichte zu werden Denn ich und alle meine Schwestern Königinnen und Göttinnen Gerüsteten Engel und Chimären Wir werden zerschmettern und niederbrennen was deine sogenannte „perfekte Welt“ der guten alten Zeiten war bis von deiner fragilen Maskulinität rein gar nichts mehr übrig ist Du kannst mich nicht einsperren in deiner Fehlvorstellung von Weiblichkeit Ich werde niemals schweigen
Dahi Tamara Koch (Wanderherzen)
Man durfte dem Bild nicht anmerken, daß es nicht mehr in Ordnung war, und man mußte immer noch ein wenig Glanz darauf legen. Je mehr sie selbst an Substanz verlor, desto strahlender, dichter und übermächtiger mußte ihr Bild werden.
Marlen Haushofer (Eine Handvoll Leben)
Wir leben im Zeitalter des organisierten Diebstahls; eines so raffinierten Diebstahls, dass der Geschädigte kaum merkt, wie er bestohlen wird, und der Dieb seine Finger gar nicht zu beschmutzen braucht, um fremdes Gut an sich zu bringen. Der Vorgang, der das Eigentum vogelfrei macht, erscheint dem einfältigen Auge als eine elementare, dem menschlichen Einfluss entrückte Schicksalsprüfung, die man gottergeben hinzunehmen hat. Nur wenige ahnen, dass das vermeintliche Naturereignis in Wirklichkeit nichts anderes ist als ein roher Willkürakt der Menschen, den man frevelhaft nennen müsste, wenn hier nicht Christi Wort gälte: "Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Sie wissen es wirklich nicht, weil sie nicht wissen, was Geld ist. Es klingt wie eine Profanierung, aber es ist so. Die Unkenntnis vom Gelde wird hier tatsächlich zur epidemischen Unmoral.
Argentarius (Vom Gelde)
Der Sturm klärt den trübsten Himmel auf. Nicht allein unser Charakter und noch weniger die Welt, in die wir hineingeboren werden, sind unser Schicksal. Im Hinterfragen und nicht im Glauben an eine Fügung finden wir Selbstvergewisserung.
Reinhold Messner (Über Leben)
Sinn wird uns vor allem mit einem gelingenden Leben bewusst. Weil wir dabei aus Erfahrungen wissen, was gut für uns ist. Es ist aber ebenso wenig erstrebenswert wie zielführend, immerzu sinnerfüllt und glücklich zu sein. So wichtig es ist, Sinn zu stiften, Glück geschieht, es ist die Folge von Sinnhaftigkeit. Sinn ist immer subjektiv, er entsteht aus unseren Beziehungen zu anderen Menschen, zu bestimmten Dingen, zu unserem Tun. Weil es an uns liegt zu gewichten. Dabei geht es nie um einen übergeordneten Sinn, der uns wie Traditionen weitergegeben wird. Er ist auch nicht in Konventionen festschreibbar, Institutionen wie die Kirchen möchten ihn zwar vorgeben, missachten dabei aber allzu oft die Natur des Menschen. Sinn macht Energie frei, die mit Lebensfreude einhergeht. Wenn wir das »Richtige« tun und intensiv bei unserer Sache sind, stellt sich weder die Frage nach dem Glück noch jene nach dem Sinn. Wir selbst sind dann der Sinn, nach dem Glück brauchen wir uns dabei nicht mehr umzusehen. Es stellt sich von selbst ein. Als Prozess: zum Beispiel, wenn der Stärkere dem Schwächeren hilft.
Reinhold Messner (Über Leben)
Was kümmert es uns, ob irgendwer uns anerkennt? Wir kümmern uns nur darum, dass wir unsere heilige Pflicht erfüllen, unsere heilige Aufgabe erledigen können – ohne beachtet zu werden. Wir sollten sehr dankbar sein, wenn niemand von uns weiß und wir ungestört unsere Arbeit tun können. Hat es nicht viele unbekannte große Menschen gegeben, Künstlerinnen, Musiker usw. viel mehr als die, deren Namen wir kennen? Was für eine wunderbare Schönheit liegt darin, unbekannt zu bleiben! Es gibt die Erinnerung an den unbekannten Soldaten; alle kommen mit Blumen zum Gedanken an den unbekannten Soldaten. Dieses Ideal sollten wir in unserem Herzen in Ehren halten. Dieses Ziel sollten wir anstreben. Und je weniger Lärm wir machen, desto mehr werden wir erreichen. (S. 93)
Hazrat Inayat Khan (Die Seele - woher und wohin: Die Reise der Seele)
Infolge der mit der Zeit zunehmenden Versorgungsschwierigkeiten gab es jedoch andere Anlässe zur Besorgnis. Spekulanten hatten sich eingemischt, und Grundnahrungsmittel, die auf dem normalen Markt fehlten, wurden zu Phantasiepreisen angeboten. Die armen Familien befanden sich dadurch in einer äußerst bedrängten Lage, wohingegen es den reichen Familien an fast nichts fehlte. Während die Pest durch die wirkungsvolle Unparteilichkeit, mit der sie schaltete und waltete, die Gleichheit unter unseren Mitbürgern hätte verstärken sollen, verschärfte sie durch das natürliche Spiel des Egoismus in den Herzen der Menschen noch das Gefühl von Ungerechtigkeit. Es blieb zwar die untadelige Gleichheit vor dem Tod bestehen, aber von ihr wollte niemand etwas wissen. Die hungernden Armen dachten daher mit noch mehr Sehnsucht an die umliegenden Städte und Landstriche, wo das Leben frei und das Brot nicht teuer war. Da man sie nicht ausreichend ernähren konnte, hatten sie das, übrigens wenig vernünftige, Gefühl, man müsse ihnen erlauben wegzugehen. Sodass schließlich eine Parole in Umlauf kam, die manchmal auf den Mauern stand oder auch dem vorbeifahrenden Präfekten nachgeschrien wurde: «Brot oder Luft.» Diese ironische Formel gab das Signal für manche allerdings schnell unterdrückte Demonstrationen, deren Gefährlichkeit aber niemandem entging.
Albert Camus (Die Pest)
Lange schaute er ihr nach. Als er sie aus den Augen verlor, war der Tod fast ein wenig betrübt. Aber so war das Leben.
Wolf Erlbruch (Duck, Death and the Tulip)
Bücher verändern das Schicksal der Menschen. So mancher hat "Der Tiger von Malaysia" gelesen und ist an einer fernen Universität Dozent für Literatur geworden. "Siddharta" hat Zehntausende Jugendliche zum Hinduismus geführt, Hemingway hat sie zu Sportlern gemacht, Dumas hat das Leben Tausender Frauen auf den Kopf gestellt und nicht wenige sind durch ein Kochbuch vor dem Selbstmord bewahrt worden.
Carlos María Domínguez (The House of Paper)
Zu lachen bedeutet, zu riskieren, als Trottel dazustehen. Zu weinen bedeutet, zu riskieren, sentimental zu erscheinen. Nach jemandem zu greifen, bedeutet, Beteiligtsein zu riskieren. Gefühle zu zeigen bedeutet, zu riskieren, dein wahres Selbst zu zeigen. Deine Ideen und Träume einer Menschenmenge vorzustellen bedeutet, Ihren Verlust zu riskieren. Zu lieben bedeutet, zu riskieren, nicht wiedergeliebt zu werden. Zu hoffen bedeutet, das Scheitern zu riskieren. Zu leben bedeutet, den Tod zu riskieren. Aber die größte Gefahr im Leben ist, nichts zu riskieren. Der Mensch, der nichts riskiert, mag einiges Leid, Bedauern, einige Zweifel vermeiden, wird aber weniger lernen, weniger fühlen, (sich) weniger verändern, weniger wachsen, weniger lieben und weniger leben. Gekettet durch Gewissheiten ist er ein Sklave, der Freiheit verwirkt hat. Nur ein Mensch, der riskiert, ist frei. (Virginia Satir)
Katja Sundermeier (Die Simply-love-Strategie : ihr Weg zur großen Liebe)
Meinungen sind für den Riesenapparat des gesellschaftlichen Lebens, was Öl für Maschinen; man stellt sich nicht vor eine Turbine und übergießt sie mit Maschinenöl. Man spritzt ein wenig davon in verborgene Nieten und Fugen, die man kennen muß.
Walter Benjamin (Einbahnstraße / Berliner Kindheit um Neunzehnhundert)