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Es ist schon verrückt, denke ich. Wir Juden sind ein so kompliziert diverses Volk, mit einer solchen Vielfalt an Traditionen, Meinungen, Überzeugungen, Mentalitäten, politischen Loyalitäten. Von der Welt fordern wir ständig, dass man unsere Vielfalt anerkennt. Uns nicht dämonisiert, nicht über einen Kamm schert mit den Radikalen, mit den Hetzern unter uns. Die gleiche Vielfalt aber sprechen wir den Palästinensern und oft auch den Arabern, den Muslimen ab. So viele Israelis gehen davon aus, dass die andere Seite weniger divers denkt und fühlt oder wählen würde, wenn sie die Möglichkeit dazu hätte. Der oberflächliche Grund dafür lautet: Rassismus. Aber er geht tiefer als das. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre, Jahrzehnte. Terror, Raketen, Krieg, wieder und wieder. Der Alltag in Israel ist darauf ausgerichtet, Mauern zu den arabischen Nachbarn zu bauen. Sei es ein Zaun, eine Betonmauer, eine physische Grenze. Oder eben eine unsichtbare, eine Gedankenmauer. Mauern schützen, aber sie versperren eben auch den Blick. Und in Israel ist es oft leichter, nicht wissen zu wollen, was auf der anderen Seite passiert, als sich mit der Realität der Besatzung auseinanderzusetzen. Oder mit den Auswirkungen der Handlungen der eigenen Armee.
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